Andreas A. Berse
· 01.08.2025
Ein Samurai des Modellbaus ist Tod. Im Alter von 90 Jahren ist Shunsaku Tamiya gestorben. Er machte seine Marke zur Lichtgestalt in Sachen Modellbau und RC!
Die Modellbauwelt hat ihren vielleicht größten Visionär verloren. Wie jetzt bekannt wurde, ist Shunsaku Tamiya, der langjährige Präsident und Vorstandsvorsitzende des gleichnamigen Modellbauunternehmens, bereits am 18. Juli 2025 im Alter von 90 Jahren verstorben. Die Beisetzung fand auf seinen eigenen Wunsch im engsten Familienkreis in Shizuoka statt, während eine offizielle Gedenkfeier noch geplant ist.
Tamiya verkörperte nicht nur die Führungsspitze eines globalen Unternehmens – er war die personifizierte Quintessenz der Leidenschaft für den Modellbau. Unter seiner strategischen Leitung transformierte sich der bescheidene Familienbetrieb aus Shizuoka zu einem international dominierenden Marktführer für hochwertige Modellbausätze und ferngesteuerte Fahrzeuge. Seine unverwechselbare Handschrift ist in jedem Tamiya-Produkt erkennbar geblieben. Bis heute!
Die Unternehmensgeschichte begann unscheinbar: 1946 etablierte Vater Yoshio Tamiya ein Sägewerk, das in den Fünfzigern erste Experimente mit hölzernen Schiffsmodellen wagte. Der entscheidende Wendepunkt kam jedoch mit der strategischen Neuausrichtung auf Kunststoffbausätze. Shunsaku Tamiya, der 1958 in das Familienunternehmen eintrat, übernahm 1977 die Präsidentschaft und revolutionierte die Firma mit seinem kompromisslosen Qualitätsanspruch.
Legendär ist seine akribische Detailversessenheit. Ein Formel-1-Modell aus den spätenSechzigern war derart exakt konstruiert, dass selbst Honda als Hersteller des Originalfahrzeugs überrascht war – bis hin zum korrekt platzierten Starterakku unter dem Fahrersitz. Für militärische Modelle soll Tamiya sogar bei der sowjetischen Botschaft in Tokio nach technischen Details über Panzer des Warschauer Pakts gefragt haben. Die japanischen Sicherheitsbehörden wurden prompt auf ihn aufmerksam – ein Modellbauer als vermeintlicher Spion! Neben Plastikbausätzen erarbeitete sich Tamiya auch bei RC-Modellen, also funkferngesteuerten Miniaturen, Weltruf!
Unter Shunsaku Tamiyas visionärer Führung expandierte das Unternehmen systematisch auf globaler Ebene. Neben dem traditionsreichen Stammwerk in Shizuoka initiierte Tamiya 1994 die Errichtung einer hochmodernen Produktionsstätte auf den Philippinen und etablierte ein strategisches Netzwerk nationaler Vertriebsniederlassungen. Besonders im RC-Segment und bei den innovativen Mini 4WD-Modellen entwickelte sich eine enthusiastische internationale Fangemeinde.
Bemerkenswert war Tamiyas persönliches Engagement für den Nachwuchs. Zur jährlichen Hobby-Messe in Shizuoka ließ er freitags Schulklassen ohne Begleitung von Erwachsenen einladen und stand oft persönlich am Eingang, um die Reaktionen der Kinder zu beobachten. Für viele Modellbaufans war ein Handschlag mit dem Tamiya-Chef ein Höhepunkt ihrer Messeerlebnisse.
In der Mitteilung des Unternehmens heißt es: "Wenn man sein Leben mit zwei Worten beschreiben müsste, wären es 'Leidenschaft und Vorbild'." Bis ins hohe Alter blieb er dem Unternehmen verbunden – noch im Juli 2024 wurde er zum Vorsitzenden des Verwaltungsrats berufen. Domo arigato, Tamiya San!
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