Interview mit Stefan Krings zum Stand bei Carrera und Revell„Wir geben uns gegenseitig Windschatten“

Unbekannt

 · 23.06.2021

Stefan Krings: „Wir geben uns gegenseitig Windschatten“
Foto: Werk (1), C. Hoffmann

In Puch bei Salzburg und damit bei Carrera traf MODELL FAHRZEUG Stefan Krings zum Interview, der auch Geschäftsführer von Revell ist.

In der Formel 1 geben sich die Teamkollegen im Training gerne Windschatten. Wer gibt denn wem Windschatten: Carrera Revell oder Revell Carrera?

Stefan Krings: Wir arbeiten natürlich daran, dass wir uns gegenseitig Windschatten geben. Thema Marketing: Wir haben mit Andreas Bittlinger einen Revell-Mann, der das Marketing für beide übernimmt. Aber: Bei den TV- und Media-Kampagnen hat Stadlbauer, sprich Carrera, mehr Erfahrung. Oder die Produkte: Carrera hat eine hohe technische Kompetenz bei der Eigenentwicklung von RC- und Slotracern inklusive deren Elektrik und Elektronik. Dafür kann Revell Modellbau in allen Facetten und ist erfahrener beim Einsatz von Displays bei Produktkampagnen. Stichwort Vertrieb: Carrera kann von der Revell-Stärke in Großbritannien profitieren und dort den heimischen Rennbahn-Platzhirsch Scalextric in der Pole-Position besser attackieren. Revell profitiert vom starken Carrera-Vertrieb in Italien. In den USA und Frankreich sind übrigens beide Marken sehr stark. In Deutschland laufen beide Marken ebenfalls sehr gut. Aber: Über 50 Prozent des Umsatzes machen wir bereits international. Im cleveren Austausch können wir uns gegenseitig Windschatten geben.

Wie verändert sich Ihre Position beim Thema Lizenzen durch die beiden starken Marke Carrera und Revell, die nun gemeinsam antreten können?

Stefan Krings: Beim Thema Automobil sind wir sowieso ein starker Partner, werden aber im Verbund noch mehr angefragt. Und: Beide Marken – Carrera wie Revell – sind global tätig und dadurch für Lizenzpartner hochinteressant.

Carrera ist beim Thema Ferrari stark. Revell hat sich da eine Auszeit genommen. Ändert sich das bald?

Stefan Krings: Wir haben auch bei Revell immer Interesse, mit Ferrari zu arbeiten, wenn die Konditionen stimmen. Aber das Thema Maranello ist im Moment für die Autorennbahn wichtiger. Trotzdem: Es kommt ja in die Formel 1 viel Bewegung rein. Red Bull und Mercedes sind da auch interessant und waren mal Revell-Partner, oder andere könnten es werden. Bei Carrera arbeiten wir an einem sehr interessanten neuen Ferrari- Produkt, das wir bald launchen werden. Generell sind die Lizenzpartner dank Corona ja zugänglicher geworden. Es gilt für beide Marken, diese Situation zu nutzen. Bei Revell sind wir mit Musik-Lizenzen, also Flugzeugen und Trucks von Hard-Rock-Gruppen, erfolgreich. Damit wecken wir viele „Modellbau-Schläfer“ wieder und führen sie erneut an das Hobby heran. Das ist ein stabiles Merchandising-Geschäft geworden.

Wie führen Sie die beiden Unternehmenskulturen zusammen?

Stefan Krings: Als ich vor einem Jahr erstmals die Mitarbeiter von Carrera getroffen habe, musste ich natürlich erst einmal ihre Mentalität kennenlernen. Bedenken Sie: Ein alteingesessenes Familienunternehmen wird von einem Finanzinvestor gekauft. Da hilft nur eines, Transparenz, um Vertrauen aufzubauen. Aber: Man braucht auch Ehrlichkeit, die brutal sein kann. Bei allen Neuzugängen war klar: Sie müssen die Marke Carrera nach vorne bringen. Ich glaube, das Vertrauen wird stärker, die Neuen haben die Carrera-Mitarbeiter überzeugt, und die Stimmung ist auf einem sehr guten Weg. Die Richtung stimmt. Wir haben ja auch gemischte Markenteams für die strategische Produktentwicklung installiert. Welche Marke bekommt welche Idee? Auch das ist wichtig.

Ist Corona eigentlich nur als Krise präsent?

Stefan Krings: Corona ist kein Zuckerschlecken, aber es setzt auch etwas Positives in Gang. Wir wissen, wie Homeoffice geht, wir können virtuelle Konferenzen von unterschiedlichen Standorten machen. Mein Büro passt in meine Aktentasche. Wenn wir mit dem, was wir gelernt haben, clever umgehen, dann bringt uns das nach vorne. Glauben Sie mir: Das wird funktionieren. Und wir werden auch bei den Neueinstellungen stärker in diese Richtung planen. Bei beiden Marken. Und: Beide, Carrera wie Revell, haben in ihren Segmenten Marktanteile gewonnen.

Entstehen da dank Corona auch manchmal Produktideen?

Stefan Krings: Unsere neuen Erwachsenen-Avdentskalender mit Porsche 356, Ford Mustang und Deutz-Traktor in schwarzer Box sind nicht durch Corona entstanden, aber ein Produkt, das sicher perfekt in die veränderte Zeit passt. Ein völlig neuer Auftritt für uns. Hier werden wir auch mit einer TV- und Media-Kampagne Gas geben. Der größten überhaupt für Revell bisher. Bei Carrera launchen wir eine Starter-Kampagne mit passenden Sets. Motto: Ran an die Bahn. Aber: Dass Corona uns noch einmal ermuntert, intensiver über neue Produkte nachzudenken, ist sicher.

Wie wollen Sie die bestehenden Überlappungen beider Marken im RC-Bereich managen?

Stefan Krings: Carrera baut eigenentwickelte Produkte in den mittleren und höheren Preislagen mit innovativer Technik und eigenem Controller in spezifischem Design. Revell tritt im unteren und mittleren Preissegment bei RC an und kommt mehr über das Thema Spaß zu den Käufern. Bei Scale Cars erhält Revell im RC-Bereich allerdings den ersten Zuschlag. Wir wollen bei RC aber auch eine Plattformstrategie entwi - ckeln – so wie Volkswagen.

Reden wir mal über Autos. Welche Vorbilder hätten Sie gerne bei Carrera oder Revell en miniature?

Stefan Krings: Der neue Maserati MC20 als Supersportwagen würde mir für beide Marken sehr gut gefallen.