Herr Heinz, Herr Grützmacher: Viele Ihrer Projekte aus dem Modellautobereich betreffen aktuelle Fahrzeuge. Was ist bei solch einem Entwicklungsprojekt besonders?
Jörg Heinz: Verantwortungsbewusst mit den anvertrauten, hochsensiblen Daten umzugehen, und die Geschwindigkeit. Ich weiß, dass wir es beim zweiten Punkt unseren Kunden und Fans manchmal gerade nicht leicht machen.
Maik Grützmacher: Wir tun alles, um die Verfügbarkeit des passenden Modellautos mit der Weltpremiere des Originals zu synchronisieren. Aber Geheimhaltung, inhaltliche Richtigkeit und der Anspruch, Details bestmöglich abzubilden, haben immer höchste Priorität.
Sie teilen sich die Projektarbeit ja etwas auf. Herr Heinz: Was kommt bei Ihren Themen Rennsport, GT-Modelle und Designstudien an speziellen Herausforderungen hinzu?
Jörg Heinz: Bei den Motorsport-Modellen sind die Dekorationen besonders spannend. Egal ob 911 GT1 von 1998 oder 963 #75 24h Le Mans 2023 - wir verlangen von unseren Lieferanten, selbst in 1:43 auf kein wesentliches Detail zu verzichten. Da die GT-Fahrzeuge zu den gefragtesten Modellautos gehören, entwickeln wir diese in 1:43, 1:18 und 1:12. Wir starten im höchsten Detaillierungsgrad bei 1:12 und versuchen dann, so viel wie möglich auf den nächstkleineren Maßstab zu übertragen. Die Aufhängung des Heckflügels vom aktuellen 911 GT3 RS ist hier ein Beispiel. Während wir bei GTs und Motorsport einfach Zugang zu den echten Autos haben, ist das bei Designstudien anders. Teilweise handelt es sich dabei um Einzelstücke, die als „Showcars“ weltweit die Vision der Marke repräsentieren und nur selten für Fotos zur Verfügung stehen.
Herr Grützmacher: Und was ist bei den Verkleinerungen nach Vorbildern für die Straße zu beachten?
Maik Grützmacher: Alle unsere Modellautos sind Markenbotschafter. Unsere Modelle sind offizielle Porsche-Produkte. Von daher spielen Authentizität, Qualität und Detailtreue eine übergeordnete Rolle. Das Besondere an den Modellen der Serienfahrzeuge ist, dass Fahrzeugbesitzer unsere Arbeit direkt mit ihrem eigenen Fahrzeug vergleichen können.
Jörg Heinz: Ohne die grandiose Unterstützung unserer Kollegen in den unterschiedlichen Abteilungen, könnten wir beide diese Art von hochwertigen, detailgetreuen Modellautos nicht realisieren.
Wie legen Sie eigentlich ihre diversen Modellautoprojekte strategisch fest?
Jörg Heinz: Wir orientieren uns in erster Linie an der Launchplanung der Porsche AG. Des Weiteren spielen Erfolge im Motorsport und Jubiläen eine große Rolle. Nicht zu unterschätzen sind aber begleitende Modellautos für Kooperationen und Gaming-Produkte wie etwa der 968 L’ART oder der 911 Turbo aus dem Videospiel „Cyberpunk 2077“.
Maik Grützmacher: Auch die sehr lebendige Porsche-Community in den Netzwerken liefert uns regelmäßig Inspiration, welche Vorbilder den Weg in die Modellautovitrine finden sollen. Zudem erfolgt immer eine wirtschaftliche Prüfung.
Es gibt doch sicherlich witzige oder interessante Anekdoten, die Sie unseren Lesern erzählen könnten?
Jörg Heinz: Bei der symbolischen Grundsteinlegung des Porsche Design Towers und der Niederlassung Stuttgart im Jahre 2020 wurde von den Verantwortlichen eine Zeitkapsel versenkt. Neben einer tagesaktuellen Zeitung und einem Zollstock befindet sich seither auch ein 1:43-Modellauto des Typs Taycan Turbo S in den Fundamenten dieses architektonischen Highlights in der Nähe des Werks und des Porsche Museums.
In welchen Schritten nehmen die Modellauto-Projekte den Weg von der Idee bis zum Roll-out?
Jörg Heinz: Parallel zur Projektfreigabe, dem Ausschreibungsprozess und der Lieferantensuche sammeln wir bereits mit der Unterstützung der Fahrzeugverantwortlichen alle relevanten Daten. Der beauftragte Lieferant erstellt im ersten Schritt 3D-Modelle für den Werkzeugbau. Der Bau der ersten Handmuster beginnt – gefolgt von den Dekorationsmustern. Bis zum finalen Freigabemuster drehen wir nicht selten bis zu acht Schleifen, um kein Detail auszulassen – immer in Absprache mit den Verantwortlichen für die Originale. Danach folgen die Kommunikationsunterlagen, und das Logistikteam sorgt derweil für einen reibungslosen Ablauf der Anlieferung. Modellautos sind Teamwork, wie Rennsiege auch!
Welche Daten stellen Sie den Modellauto-Herstellern dafür zur Verfügung?
Maik Grützmacher: Grundsätzlich gilt: so viel wie nötig und so wenig wie möglich. Auch wenn Lieferbeziehungen durch Geheimhaltungserklärungen und Zertifizierungen abgesichert sind, teilen wir Infor- mationen immer nur fragmentiert und geschützt mit. Aber: CAD-Daten, Detailfotos, Grafiken der Livery und Sponsorenlogos sowie Farbplatten der Originalfarben sind erforderlich, um ein optimales Modell zu erstellen.
Was sind Ihre ganz persönlichen Lieblingsmodelle, und welches von Ihnen betreute Modell war das erfolgreichste bei Porsche?
Jörg Heinz: Am besten gefallen mir persönlich die Projekte in den Maßstäben 1:18 und 1:12, da sie so viele Details wiedergeben können! Daher sind das meine Lieblingsmodelle. Erfolgsmaßstab ist für mich auch die Begeisterung der Kollegen in unserem Hause.
Maik Grützmacher: Ich durfte die Modellfahrzeugreihe „60 Years of 911“ mit 1:43-Miniaturen begleiten, die im Herbst startet. Ein gemeinsames Projekt mit Jörg Thilow vom Porsche Museum. Es hat mich besonders fasziniert, die komplette 911-Baureihe abzubilden. Ich mag eben auch Klassiker, nicht nur Neufahrzeuge.