Unbekannt
· 06.07.2021
Preecha Noithai hat über 5000 Majorette-Modelle in kürzester Zeit zusammengetragen – ein exotisches Porträt.
Wie lange wir von Bangkok bis zu unserem vielversprechenden Ziel brauchen werden? „Eine halbe oder eineinhalb Stunden“, antwortet der Fahrer lakonisch. Der Verkehr ist in der thailändischen Hauptstadt unberechenbar. Da hilft nur der Gleichmut unseres Chauffeurs weiter. Nach einer Stunde sind wir da, und erst einmal sieht hier nichts nach einer Modellautosammlung aus. Vor dem großen Haus entdecken wir eine kleine Werkstatt und Reisebusse, die in Beige und Blau lackiert sind. Dann kommt uns Preecha Noithai lächelnd entgegen: „Kommt rein, ich zeige euch gerne meine Schätze“, begrüßt er uns offenherzig. Der Weg führt uns vorbei an sehr großen Aquarien, in denen sich Fische tummeln. Preecha erklärt: „Mein Bruder züchtet diese Exemplare, teilweise gehen sie sogar an Tierparks.“ Weiter hinten in dem etwas verschachtelten Anwesen versteckt sich ein großer, in Blau lackierter Pool, und spätestens jetzt wissen wir, warum sich die Fahrt hierhin gelohnt hat. Wie ein schrill-bunter Kragen stapeln sich Majorette-Packungen rund um das Entspannungsbad an den Wänden hoch. Buchstäblich jeder Quadratzentimeter ist hier perfekt genutzt, sprich: zugeparkt. Aber das ist nur die eine Seite der Sammlung, die Preecha Noithai in der rekordverdächtigen Zeit von nicht einmal drei Jahren zusammengetragen hat.
„Kommt rein, ich zeige euch gerne meine Schätze“
Er öffnet ein Zimmer, seinen ureigenen kleinen Sammlertempel, der etwas über 20 Quadratmeter misst und dessen Wände bis unter die Decke mit Majorette-Modellen bestückt sind. Auf der gegenüberliegenden Seite verstecken sich noch zusätzliche Schubladen, in denen weitere Modelle eingeparkt sind – Box an Box oder Stoßstange an Stoßstange. Unser Sammlerauge ist ein wenig geblendet und weiß gar nicht so recht, wo es hinschauen soll. Preecha erzählt uns aus seiner Kindheit, und auch das hat viel mit dieser Sammlung zu tun: „Ich musste als Kind nicht nur zur Schule gehen, sondern auch für meinen Vater viele Dinge erledigen. So kam ich kaum dazu zu spielen.“ Also war Preecha als Papa eines ganz besonders wichtig: Seinem eigenen Sohn sollte es besser gehen. Der freundliche Sammler: „Als er das richtige Alter hatte, wollte ich ihm ein Modellauto kaufen. Ich bin in eine große Einkaufsmall gegangen und habe das Angebot kritisch unter die Lupe genommen.“ Schnell war klar: Es wird ein Majorette-Auto sein. Preecha: „Diese Modelle haben mir von der Form her und in Sachen Lackierung einfach am besten gefallen. Ich habe dann eine Feuerwehr-Packung mit einem roten Modell gekauft.“ Diese Investition sollte erhebliche Folgekosten nach sich ziehen. Denn: In der Packung versteckte sich ein winziger Prospekt. Und der machte Appetit auf mehr. Der Fan erinnert sich: „Natürlich habe ich dann den Fuhrpark schnell aufgestockt, aber schon sehr früh wollte ich auch meine eigenen Modelle haben, eine Sammlung aufbauen.“ Und dabei entdeckte der sympathische junge Mann im Internet immer mehr interessante Dinge über die Historie der Marke und ihre Produktionsanlage in der Nähe von Bangkok: „An diesem Punkt konnte ich dann nicht mehr loslassen und wollte natürlich meine Sammlung auch historisch ergänzen. Das Internet ist da ja ein Fenster in die Welt und gibt uns sehr viele Möglichkeiten.“
„Als er das richtige Alter hatte, wollte ich ihm ein Modellauto kaufen. Ich bin in eine große Einkaufsmall gegangen und habe das Angebot kritisch unter die Lupe genommen.“
Parallel dazu wurde Noithai in Sachen Majorette auch in den Social Media sehr aktiv: „Da findest du als Sammler heute viele Kontakte, die dir beim Aufbau deiner Kollektion prima weiterhelfen.“ Der erste BMW Siebener in nicht unbedingt exakt getroffener 1:64Ausgabe steht heute ebenso in den gut gefüllten Regalen wie der frühe VW Käfer aus historische Form in Silber und mit der sehr gesuchten „Cibie“-Dekoration auf den Karosserieflanken. Selbst das Mercedes-Coupé, das Majorette einmal in 1:18 gebaut hat, fehlt nicht. Preecha: „Ich habe Glück, dass Majorette-Modelle so wenig Platz wegnehmen, sonst wüsste ich gar nicht, wo ich sie noch hinstellen soll. Im Moment interessiert mich die Geschichte sehr. Aber: Ich lasse natürlich auch den aktuellen Nachschub nicht aus dem Auge.“ Bei mehr als 5000 Modellen wird es also nicht bleiben: „Ich versuche natürlich, die historischen Lücken zu füllen. Ich bin auch etwas stolz darauf, dass diese schönen Modelle von heute aus Thailand in die ganze Welt hinausgehen und dort überall den Kindern viel Freude machen.“ Eine Freude, die Preecha Noithai sehr gut nachvollziehen kann. Und dann folgt zum Abschluss ein schon fast philosophisches Sammlercredo: „Ich konnte ja als Kind nicht viel spielen. Vielleicht hole ich das jetzt mit meiner Sammlung nach.“