Unbekannt
· 17.06.2021
Das Geheimrezept für ein eigenes Auto kennt Erich Bitter seit dem CD genau. Und Schuco liefert bald den passenden 1:18er.
Feuer und Flamme: Das trifft das Lebensmotto von Erich Bitter genau. Ende der Sechziger entwickelt er mit Dupont einen feuerfesten Rennanzug und stellt sich damit über eine brennende Ölwanne. Aber der Mann aus Schwelm hat ein anderes Ziel: Er will ein eigenes Auto bauen. Dazu braucht es viele Zutaten, die er im Laufe seines Lebens zusammenfügt. Erstens: die richtige Kurvenlage. Die lernt er schon als junger Radfahrer. Bei Abfahrten holt er perfekt steuernd locker die Zeit auf, die er am Berg verloren hat. Nach zehn Jahren sattelt der Rennfahrer aufs Auto um. Hier kommt die zweite Zutat, das Verständnis für Fahrwerke, ins Spiel. Er fährt Rennen mit dem NSU Prinz, mit Volvo, Saab, den verschiedenen Autos von Carlo Abarth und auch einem Porsche 906. Huschke von Hanstein von den Stuttgartern besorgt ihm einen Termin in Hockenheim. Er stimmt die legendäre „Schwarze Witwe“ auf Basis des Opel Rekord ab, lernt dabei Bob Lutz, Anatole Lapine und die Ingenieure um Herbert Oberhaus kennen.
Bitter: „Opel wäre für mich als Rennfahrer nie ein Thema gewesen. Aber: Die Jungs konnten was, und der Wagen wurde in drei Tagen zu einem guten Renngerät.“ Beim Saisonfinale im Jahr 1968 in Hockenheim gelingt ihm ein spektakulärer Auftritt: Er führt lange, landet dann aber im Kiesbett, kann den Wagen wieder starten und rollt das Feld von hinten auf. Opel-Chef Alex Cunningham sitzt bei dem Spektakel auf der Bühne. Eine schicksalhafte Begegnung. Beim 1000-Kilometer-Rennen am Nürburgring ein Jahr später überlebt Bitter einen Feuerunfall mit einem Abarth 2000 wie durch ein Wunder beinahe unverletzt. „Man soll das Schicksal nicht zu oft herausfordern“, sagt er heute. Er beendet damals deshalb seine Karriere als Rennfahrer. Zutat drei lautet: Rückschläge verkraften. Erich Bitter will jetzt ein Auto bauen. Zunächst holt er sich einen Italia von Intermeccanica, der Turiner Firma des Kanadiers Frank Reisner, mit V8 aus dem Ford-Konzern. Doch der Wagen ist unfahrbar und saumies verarbeitet. Jetzt kommt Zutat vier ins Spiel: cleveres Verhandeln. Für Motor, Getriebe und Fahrwerk will Bitter nun ausgereifte Großserientechnik haben. Die hat Opel mit dem V8 des Diplomat, dessen Achsen, Lenkung und weiteren Komponenten. So entsteht der Intermeccanica Indra. Bitter landet einen Coup: Er bekommt einen Vertrag mit Opel, der ihm Zugang zu deren Komponenten sichert. Er gibt bis heute keinen Passus für eine Kündigung dieses Deals! Aber: Während der Indra mit Unterstützung von Rüsselsheim entsteht und sogar über die Opel-Händler verkauft werden soll, erkennt Bitter, dass Reisner von der Qualität in seiner Produktion und den Finanzen her ein derartiges Projekt nicht wuppen kann. Da sind schon 60 Auto gebaut. Opel wünscht sich aber genau solch ein spektakuläres Auto.
Aus Rüsselsheim kommt das Signal: „Let’s start our love affair.” Mit George Gallion vom Opel-Designcenter entwickelt Erich Bitter die Form eines Coupés, das heute noch modern und elegant wirkt: die des Bitter CD, der 1973 auf der IAA seine umjubelte Premiere feiert. Die Autofans stehen kopf. Die Fertigung übernimmt Baur aus Stuttgart, liegt also in renommierten Händen, Intermeccanica ist raus. Wir treffen Erich Bitter, den immer noch quirligen Mittachtziger, in Kamen, bei Martin Wilhelm, dem Sprecher des Vorsitzes im Bitter Club. Wilhelm hat mehrere Fahrzeuge, die Erich Bitter gebaut hat, unter anderem einen kupferbraunen (Porsche Nr. 443) Bitter CD, die Nr. 359 von 390 gebauten. Das Interieur trägt Conolly-Leder VM 3097, das Armaturenbrett Leder Santops 423 in Dunkelbraun. CD steht übrigens ganz einfach für Coupé Diplomat. Schuco baut sein 1:18-Modell des Bitter CD aus Resine und landete damit einen Überraschungscoup. Die Franken fertigen ihre Miniatur mit geschlossener Karosserie in Dunkelblaumetallic mit schwarzen Sitzen und in Goldmetallic mit einer Inneneinrichtung in dunklem Braun.
Die verkleinerten Zweitürer gibt es jeweils 500-mal pro Farbe. Sie kosten im Handel 179 Euro. Der V8 ist leider nicht zu sehen, aber die Detaillierung bis in die Heckklappe hinein originalgetreu. Detail am Rande: Sowohl in 1:1 als auch in 1:18 gab die rahmenlose Heckklappe den Konstrukteuren bis zur Perfektion Rätsel auf. Die Gesamtproportionen des zeitlos eleganten Coupés trifft die Verkleinerung aus Franken gut. Unsere Fotos zeigen zwei Handmuster in seriennaher Dekoration. Der blaue Wagen hat ein schwarzes Interieur, der goldmetallicfarbene eines in Braun mit Lederanmutung. Die Lackierung war bei den Vorserienminiaturen schon erfreulich gut, allenfalls der etwas große Fuß des Außenspiegels springt noch leicht störend ins Auge. Die verchromten Türgriffe sind sauber verarbeitet, die LM-Felgen glänzen in Chrom. Der Grill unterhalb der Stoßstange trägt ein feines Chromgitter. Die B-Säule und die Abtrennung zum Dreiecksfenster in der Tür sind hellsilbern auf dem eingesetzten Fensterteil hervorgehoben. Der eckig geformte Armaturenträger mündet in die breite Mittelkonsole. Er ist teilweise mit Holzfolie dekoriert, hat fein lesbare Instrumente und farblich abgesetzte Taster sowie Schalter in der Mittelkonsole. Auch der Automatik-Wählhebel ist gut getroffen. Die Sitze sind kommod geformt und besitzen vorne Kopfstützen. Noch einmal Erich Bitter: „Wenn du so etwas Verrücktes machen willst, brauchst du ein paar mutige Autokerle.“ Das gilt für Modelle übrigens auch. Der Bitter CD: Was für ein Typ, was für eine Story, was für ein 1:18er! Im nächsten Heft porträtieren wir einen weiteren „Autokerl“, nämlich einen, der Bitter-Modelle sammelt.