Wiking und die Rosenbauer-ModelleBlaulichtgestalten

Ulrich Biene

 · 04.01.2022

Rosenbauer AT: zweimal Unimog U400 und das All Terrain Vehicle
Foto: Ulrich Biene

Rosenbauers AT-Serie zieht sich wie ein feuerwehrroter Faden durch die Wiking-Geschichte – in mehreren Maßstäben.

Die AT-Serie ist etabliert – bei Rosenbauer und bei Wiking. Tatsächlich machte eine neue Fahrzeugarchitektur beim Vorbild Schluss mit der einst üblichen Aufbautechnik. Der gesamte Mannschafts- und Geräteraum hinter dem Fahrerhaus sollte bei der AT-Serie aus selbsttragenden Spanten und Längswänden bestehen. Das Wiking-Modell zeigt, dass dieses Einsatzfahrzeug ein Maximum an Aufbaugröße mitbringt, aber zugleich kompakter ist. Inzwischen sind über ein Dutzend 1:87- Varianten entstanden. Der Karosserieaufbau wurde immer gefälliger, auch dessen Gestaltung wagt sich in ganz neue Dimensionen der ergonomischen Optimierung vor.

Auf der Interschutz 2000 begann für Wiking eine lange Zusammenarbeit. Wiking wünschte sich damals eine Aktualisierung seiner Feuerwehr- Flotte, die nach dem Start des Trios aus der EuroFire-Serie von Iveco im Jahr 1994/95 notwendig war. In Augsburg hatte man sich damals mit Rosenbauer darauf verständigt, im neuen Jahrtausend neue modellbauerische Impulse zum Einsatz zu bringen. Tatsächlich machte sich der österreichische Fahrzeughersteller damals auf, seinen gesamten Brandschutz- und Hilfeleistungsbereich neu anzugehen: auf der einen Seite die kommunalen Fahrzeuge, auf der anderen Flugfeldlöschfahrzeuge und Einsatzspezialisten für die Exportmärkte. Die Fahrzeuge sollten fortan Dreh- und Angelpunkt für alle Einsatzaufgaben werden, dazu noch die Drehleiter für die Menschenrettung.

Zudem sollten weniger kostspielige, dafür aber flexibel einsetzbare Gerätewagen her. Die AT-Serie setzte genau dort an: Ein Fahrzeugaufbau sollte es möglich machen, hinter den Jalousien der Geräteräume die individuellen Ausrüstungen unterzubringen. Damit konnte die Baureihe nicht nur für Hilfeleistungslöschfahrzeuge (HLF), sondern auch für Rüstwagen, Tanklöschfahrzeuge oder aber auch für Industriezwecke genutzt werden – ein Durchbruch. Als Premierenmodell erschien 2003 die Tragkraftspritze „Fox“ und die erste Generation der „AT“-Baureihe, ein Jahr später der Unimog U400 als TLF. Den Höhepunkt markierte 2006 der Panther 6x6. 2007 kam dann noch die Compactline zur Abrundung nach unten hinzu.

Die 1999 bereits vorgestellte Metz-Drehleiter auf Atego- und Econic-Fahrgestell erhielt 2008 einen neuen Aufbau. Schließlich kam auch noch das All Terrain Vehicle (ATV) nach Vorbild des Polaris Sportsman 650 UHPS ins Programm. Inzwischen sind drei ATGenerationen erschienen – auch in 1:43 und dort aus Die Cast. Vor allem die blauen Lichtleisten an den Dachflanken der Aufbauseiten springen beim Rosenbauer AT jetzt ins Auge. Auch die Blaulichter schmiegen sich dichter an die Fahrerhaus- und Aufbaukonturen an. Dass in der zweiten Generation die Türen zum Mannschaftsraum bereits ganzflächig topasfarben getönt ausgeführt wurden und bei Bedarf sogar durch eine transparente Abdeckung am Heck der Blick auf die Pumpenabdeckung möglich wurde, sagt auch etwas darüber aus, wie sich der Karosseriebau bei den Feuerwehrfahrzeugen fortentwickelte.

Rosenbauer ging bereits vor Jahren dazu über, die silbernen Jalousien in Anthrazit-Optik zu gestalten. Das Gesamterscheinungsbild erhielt von nun an eine neue Modernität. Gleiches galt für die farbliche Aktualisierung des Leiterparks – Rosenbauer forcierte die werkseitige Farbkombination von Rot und Anthrazit. Dass sich in den 18 Wiking-Jahren die ATSerie zum modellbauerischen Verwandlungskünstler entwickelte, war sicher auch dem Verkaufserfolg Rosenbauers selbst zuzuschreiben. Dabei wiederholt sich ein kleines Stück Wiking-Geschichte. Denn bereits Jahrzehnte zuvor, im Oktober 1967, hatte es eine Anfrage von Rosenbauer gegeben, als man eine damals neue Gelenkbühne gern miniaturisiert gesehen hätte.

Die Ausleger sollten sich beim 1:87- Modell funktionsgerecht führen lassen, so die eigentlich gute Idee. Rosenbauer lockte sogar mit einer Abnahmemenge von 2000 Modellen. Briefe gehen einige Male hin und her, denn Wiking-Chef Fritz Peltzer lehnt angesichts des Aufwands eine Miniaturisierung ab, zumal Gelenkbühnen seinerzeit zu den Ausnahmen in Feuerwehrhäusern zählten. Angesichts der DIN-Treue der damaligen Brandschützer war die DL 30 auf Platz eins gesetzt, und dafür hielt Wiking ja schon die Magirus-Drehleiter bereit.

Rosenbauer ließ 1967 nicht locker und schlug alternativ ein dreiachsiges Flugplatzlöschfahrzeug FLF 11000 vor. Fritz Peltzer hatte derweil die umfangreichen Rosenbauer-Unterlagen so intensiv studiert, dass ihm das Flugplatzlöschfahrzeug FLF 3000 auf dem Fahrgestell des Mercedes Benz 322 ins Auge stach. Wiking konnte dafür den vorhandenen Kurzhauber nach Typenvorbild 710 und 911 nutzen. Auf diese Weise war lediglich der Aufbau mit Pumpenaggregat und Dachmonitor zu bauen. 38.000 Mark veranschlagte der Wiking-Chef in seinem damaligen Antwortschreiben. Das Projekt ging darauf zügig in die Umsetzung. Wiking kündigte die kurzfristige „Entwurfsarbeit“ des Flugplatzlöschfahrzeugs FLF 3000 an.

In der Projektmappe von Modellbaumeister Alfred Kedzierski lagen Fotos vom Aufbaumonitor und – noch wichtiger – Abbildungen des heckseitig offenen Pumpenbedienstands. Was bei internationalen Flugfeldlöschfahrzeugen zu diesem Zeitpunkt noch durchaus üblich war, suchte man bei deutschen Feuerwehren vergeblich. So gelang es nach mehrmonatiger Konstruktionsarbeit, das Flugplatzlöschfahrzeug 1969 als „60f“ in die Serie zu bringen. Lang sollte seine Verweildauer allerdings nicht sein: 1973 hatte das FLF bei Wiking ausgedient. Rosenbauers jüngste AT-Serie scheint hingegen nach beachtlichen 18 Jahren in 1:87 seine Zukunft noch vor sich zu haben.