Wiking tankt vollDas Thema Shell bei Wiking in 1:87

Ulrich Biene

 · 25.01.2023

Wiking tankt voll: Das Thema Shell bei Wiking in 1:87
Kraftstoff war das Schmiermittel des Wirtschaftswunders und Shell somit fester Bestandteil des Wiking-Programms | ms

Benzin ist normal, aber beim Thema Shell ist bei der Modellautolegende Wiking seit Jahrzehnten alles Super!

Wenn es um die automobile Nachkriegsgeschichte geht, redete die Mineralölwirtschaft seit jeher ein Wörtchen mit. Wiking-Gründer Fritz Peltzer hatte den Bedeutungsgewinn in den Wirtschaftswunderjahren frühzeitig erkannt. In den Sechzigern waren zeitgleich bis zu fünf Tanker im Programm. Die große Welt der kleinen Miniaturen ohne die großen Mineralölmarken? Undenkbar! Dass dabei schon früh einige ausgewählte Markenfarben der damals über 10.000 Tankstellen in 1:87 zum Tragen kamen, spricht für sich. So fuhr anfangs der mächtige Esso-Bimot-Supertanker ins Programm, zwar schon mit durchbrochenen Fenstern, aber eben unverglast. Shell ließ auf sich warten, startete 1956 dann aber mit aller Kraft durch. Das Innovationskarussell der Wiking-Tankwagenflotte drehte sich ganz im Zeichen der gelb-roten Muschel.

Egal ob Transporter, Pritsche, Aufsetzkipper oder Tankwagen, Fahrzeuge mit Shell- Logo ziehen sich als gelb-roter Faden durch das Wiking- Angebot in 1:87
Foto: Ulrich Biene

Fritz Peltzer fand zusehends Gefallen an den Aktivitäten von Shell. Der erste, einachsige Tankauflieger rollte 1956 nach Wuppertaler Eylert-Vorbild mit Henschel-Hauber ins Programm. Vier Jahre später stellte Fritz Peltzer den Shell-Tankzug auf die neue verglaste Ära um und wertete ihn 1960 mit dem Mercedes-Benz Langhauber auf. Inzwischen waren schon vier Tankwagen im Programm, bis 1963 sollte das Typenquintett perfekt sein. Zum Shell-Auflieger gesellten sich die Konkurrenten von Esso und Aral. Immer mehr Tankstellen für die wachsende Automobilität in Deutschland schossen aus dem Boden, aber auch Heizöl für die Kesselbefeuerung der Industrie rief nach neuen Tankwagenkapazitäten. Die Formen für Tankwagenaufbau oder Tankauflieger sollten sich für Wiking lohnen, lediglich die Zugmaschinen mussten zwischenzeitlich aktualisiert werden.

So löste der Kurzhauber von Mercedes-Benz 1965 seinen Langhauber-Vorgänger ab und zog fortan den Eylert-Auflieger. Für Wiking war es inzwischen an der Zeit, das Spektrum zu erweitern. 1966 folgte die Miniaturisierung des mächtigen, jetzt zweiachsigen Blumhardt-Aufliegers, mit dem die Wuppertaler Karosseriebauer im Markt punkten konnten. Modellbaumeister Alfred Kedzierski wollte nicht einfach einen trostlosen Auflieger hinter der MAN Pausbacke von Wiking ankuppeln, sondern vermochte den Platz noch für eine Zusatzfunktion zu nutzen. Am Heck wurde der Pumpenstand so konstruiert, dass die Heckklappe hochgestellt werden konnte. Der Blick auf den gesamten Armaturenschrank war freigegeben!

Bis heute ist der Blumhardt-Auflieger ein gern gesehenes Wiking-Modell. 1973 trat das kubische Fahrerhaus des Mercedes-Benz 2223 die Shell-Nachfolge an. Dass zwischenzeitlich die italienischen Modellbauer von Lima wohl ebenfalls Gefallen an dem 1:87-Auflieger gefunden hatten, sollte den Modellerfolg von Wiking trotz eines offensichtlichen Plagiats nicht mindern. Wiking-Sammler staunten damals nicht schlecht, als der Blumhardt-Tanker „made in Italy“ auftauchte. Als dann der Eylert-Auflieger der ersten Stunde – inzwischen mit MAN-415-Zugmaschine unterwegs – in die Jahre gekommen war, bediente sich Wiking ein zweites Mal bei Blumhardt.

1969 wurde ein Verteilerfahrzeug 87-fach verkleinert und in Shell-Farben ins Programm geschickt. Zunächst nutzte Wiking den Mercedes-Benz Kurzhauber, 1973 folgte das kubische Toastbrot. Dass inzwischen Heizöl zum großen Geschäft geworden war, schlug sich auch im Wiking-Programm nieder. 1972 fuhr der Volkswagen T2 als Servicefahrzeug für Shell „Termo-Komfort“ ins Programm, vier Jahre später wurde der Mercedes-Benz L 406 mit gleichen Aufgaben betraut.

Zwar war in der Zwischenzeit ein neuer Tanker ins Programm gestartet, doch der Auflieger nach Vorbild der Karosseriebauer von Aurepa musste noch bis 1985 warten, ehe ihn der Ford Transcontinental komplettierte. Im Jahr darauf folgte schließlich der VW LT in Shell-Farben. Unter neuer Führung von Wiking-Modellbau wurde die Marken-Treue fortgesetzt. Dazu leistete 1989 auch der Büssing 8000 seinen Beitrag – ein Tanker-Klassiker. 1997 aktualisierte Wiking abermals und spannte die SK-Zugmaschine von Mercedes beim Aurepa-Tankauflieger vor, neueste Shell-Deko inklusive. Sogar der legendäre Esso-Aufsetztank von 1973 erstrahlte inzwischen im strahlenden Shell-Gelb. Diesen hatte Wiking seinerzeit nah an der Wirklichkeit verkleinert, denn in den Sechzigern versuchten die Kohlenhändler, mit einfachen Mitteln ins Heizölgeschäft quer einzusteigen. Die großen Mineralölunternehmen finanzierten jene schlichten Aufsetztanks. Wiking war damals findig. Kurzerhand wurde der Tank vom Sprengwagen genutzt und mit einer Bodenplatte samt Schlauchtrommel und Pumpenaggregat aufgerüstet. Tatsächlich macht der Klassiker im Shell-Gelb-Rot eine authentische Figur.

Mit der jüngsten Serie von attraktiven, revitalisierten Shell-Fahrzeugen aus dem Post-Museums-Shop kam ein verkaufsförderndes Additiv dazu. Inklusive der neu aufgelegten Kleintankstelle, die Wiking ursprünglich 1965 nach dem Shell-Typenbaukasten ins Programm hob, sozusagen die damals neueste Errungenschaft im Tankstellenbau. Das Tankwarthäuschen, eine schmale Überdachung der Tankinsel und eine rote Markenflanke mit gelbem Shell-Logo genügten, um dem meist dörflich eingesetzten Tankstellentyp in 1:87 ein Gesicht zu geben. Ein Klassiker erfreut dieser Tage die Wiking-Fans: Der Magirus-Rundhauber brauchte bis heute, um endlich Shell-Premiere zu feiern. Die lange Fahrerkabine macht den Tankwagen zu einem bunten zeitgenössischen Vertreter, denn einst warteten hinter der Sitzbank die Ölkannen für die zusätzliche Warenbelieferung der Tankstellen. Wiking im Auftrag des Schmierdienstes!