Andreas A. Berse
· 29.04.2023
Der 220 S war in Sachen Sicherheit eine Burg – auch dank patentiertem Zapfenschloss. Und das hat Norev bei seinem 1:18-Modell nicht vergessen.
Dieser Mercedes ging auf Nummer sicher wie keiner vorher. Die Heckflosse etablierte die Fahrgastzelle als möglichst unkaputtbare Sicherheits- sowie Überlebenszone, und dafür brauchten die Türen patentierte Zapfenschlösser, damit sie bei einem Unfall nicht unkontrolliert aufspringen konnten. Diese Finesse ist auch an den 1:18-Türen der Heckflosse Typ 220 S von Norev als feine Gravur sichtbar. Gleich viermal, denn alle Türen gehen auf, ebenso die Hauben an der Zinkdruckgussminiatur. Die Räder sind lenkbar, die Karosserie gibt es wahlweise auch zweifarbig. Bei Norev geht neben einer Version in Hellblau mit weißem Dach und cremefarbenen Sitzen eine Heckflosse in Hellelfenbein mit braunen Sitzen als Web-Modell an den Start (je 99,90 Euro). Mercedes hat den W 111, so die offizielle Bezeichnung des Viertürers, für seinen eigenen Shop in Mittelrot und Hellelfenbein mit hellbrauner Inneneinrichtung sowie in Weißgrau uni mit schwarzem Interieur geordert (je 107 Euro).
Die Heckflossen-Karosserie zeigt in den Proportionen die Präzision, die heute nur noch mit CAD-Vermessung machbar ist. Norev hatte unter anderem Fingerabdrücke von einem Original in der Tönung Hellblau mit weißem Dach in der Nähe vom Bodensee genommen, das ein kundiger Sammler mit präzisen Kenntnissen in Sachen Originalität vollendet hat. Denn: Für alles, was nicht die Karosserie betrifft, brauchen die Entwickler aus Aachen eine umfangreiche Foto-Recherche, die rund 400 bis 500 Motive umfasst. Als kleines Dankeschön an den Sammler aus dem Süden trägt die zweifarbige Norev-Fachhandelsversion deshalb auch das originale Kennzeichen.
Kleiner Trick beim 220er: Normalerweise sitzt der Kanal für die Einspritzung des Zinkdruckgusses, der später entfernt wird, im Bereich der vorderen Scheibe. Die steht bei der 1:18-Heckflosse aber so steil, dass sich Norev dazu entschlossen hat den Kanal genau dort anzubringen, wo sich das Loch für das aufpreispflichtige Schiebedach befindet. Bedeutet: Das Schiebedach ist als separates Bauteil eingesetzt. Der Motor ist zwar einerseits eine bedruckte und schablonenlackierte Plastiklandschaft, aber immerhin sind doch so einige Vorbilddetails farblich fein herausgearbeitet. Nicht vergessen: Im echten Motorraum einer Heckflosse dominieren auch Schwarz, Grau und Metalltöne. Bunte Warnhinweise gab es dort erst eine Generation später ab /8 und Co.
Ist die schlüssige Form der CAD-Technik geschuldet, so zeigen die extrem guten Passungen bei Türen und Hauben und die sehr dünnen Scharniere, dass die Mannschaft in Aachen sich auch in Sachen Konstruktion auf der Höhe der Zeit bewegt. Dass die Türgriffe nicht in Chrom glänzen, sondern in hellem Silber, hat einen ganz praktischen Grund, wie Sascha Voss von Norev erklärt: „Sammler öffnen solch einen Oldtimer eben auch gerne an den Türgriffen. Kunststoffgriffe wäre da zu fragil. Deshalb bauen wir die Heckflossentürgriffe des 220ers aus Zinkdruckguss, der sich aber nicht verchromen lässt.“ Auch die 1:18-Heckflosse ist also eine Burg.
Aber eine durchaus luxuriöse, wie ein Blick ins Interieur zeigt. Die beiden vorderen Sitze, nur unterbrochen durch eine dicke Armlehne, haben gemütliches Sesselformat, das zentral Anzeige-Instrument im Fieberthermometer-Design ist eine echte Wucht und das Chrom bei der Armaturentafel originalgetreu verteilt. Der Lenkradkranz und der Schalthebelknauf an der Lenksäule tragen helles Elfenbein. Die Türinnenteile zeigen aufgedruckte Fensterkurbeln, Türöffner sowie Armlehnen. Vorne sind noch das Stellrad für das Dreiecksfenster und eine Zugöse für die Kartentasche, hinten die Aschenbecher farblich abgesetzt. Ins Dach hat Norev drei Haltegriffe graviert – der Heckflossenpilot hatte keinen – und der Bediengriff für das Schiebedach fehlt ebenfalls nicht. Zudem gibt es im Fahrgastraum Teppichboden.
Den Fehler, den auch im Kofferraum zu verlegen, macht Norev nicht. Da gab es bei der Heckflosse schließlich lackiertes Blech und gegen Aufpreis beim Händler bestenfalls eine Gummimatte. Das Reververad steht vorbildgerecht auch beim 1:18er hochkant rechts im Stauraum. Stern und Typenschriftzug sind mit erhaben aufgeklebten Folien nachgezeichnet, den Stern vorne setzt Norev als Fotoätzteil in den weltberühmten chromblitzenden Kühler.
Reden wir nicht lange drum herum: Diese 1:18-Heckflosse der Franzosen ist die beste, die man zur Zeit für Geld kaufen kann. Und wem daran Zweifel kommen, der kann sich ja einmal die feine Gravur zum Zapfenschloss genauer anschauen.