Formidabel50 Jahre Porsche Design

Andreas A. Berse

 · 06.05.2022

Formidabel: 50 Jahre Porsche DesignFoto: Markus Bolsinger, Porsche Archiv (1)

Wenn das Zuffenhausener Museum „50 Jahre Porsche Design“ feiert, spielen dabei auch Modelle eine zentrale Rolle.

Interessante Perspektiven auf die Design- Geschichte des eigenen Hauses eröffnet die neue Ausstellung im Porsche Museum
Foto: Markus Bolsinger, Porsche Archiv (1)

Vor einem halben Jahrhundert gründete Ferdinand Alexander Porsche das hauseigene Design Studio in Stuttgart. Sein Credo: „Gutes Design muss ehrlich sein.“ In ihrem Museum zeigen die Zuffenhausener bis zum 10. Juli eine Sonderausstellung mit dem Thema „50 Jahre Porsche Design“. Heute ist dieser Zweig der Marke in der Porsche Lizenz und Handelsgesellschaft aufgegangen.

Zwei Elfer-Sportwagen sind in der Ausstellung zu sehen: einmal ein Ur Targa des 911. Als wir im Museum waren, war es ein roter, denn der restaurierte schwarze 2.4 S, der sonst dort parkt, war bei einem Shooting. Daneben steht ein schwarzer Targa aus der aktuellen Sonderauflage „Porsche 911 Edition 50 Jahre Porsche Design“. Außerdem zeigt die Schau den 904 Carrera GTS, den F. A. Porsche immer als sein persönliches Meisterwerk bezeichnet hat.

Doch damit nicht genug: Spezielle, von Porsche designte Sonnenbrillen, Chronografen, damals übrigens erstmals in Schwarz gefertigt, und Pfeifen sind ebenfalls zu sehen und, jetzt wird es für unsere Leser besonders interessant: Modelle. Eines schimmert in silbrig-seidigem Glanz und zeichnet das Design des Ur Elfers als Coupé nach, das aus der Feder von F. A. Porsche stammt. Ein weiteres steht unter einer transparenten Haube und hat eine ganz besondere Geschichte.

Wir trafen den Mann, der diesen Elfer in sattem Blau im angenäherten Maßstab 1:5 vor 54 Jahren gebaut hat, im Auftrag von Porsche. Damals erhielt Elmar Roßmayer einen Anruf aus Zuffenhausen: Ein Mitglied der Familie hatte im Württembergischen Yachtclub in Friedrichshafen ein Modell-Segelschiff von ihm entdeckt. Die Zuffenhausener wollten wissen, ob er denn auch Autos bauen könne.

Elmar Roßmayer: „Ich bekam zunächst etwas Angst vor meiner eigenen Courage.“ Trotzdem wurde es der Beginn einer interessanten Geschäftsbeziehung und steigerte den Zigarettenkonsum des Mannes aus Schussenried enorm. Roßmayer: „Immer wenn ich bei den Herren von Porsche ein Modell abgeliefert habe, habe ich auf der Hinfahrt eine Schachtel Zigaretten, Marke HB, geraucht, weil ich mir nicht sicher war, ob es ihnen gefällt. Und auf der Rückfahrt dann eine vor Freude, weil die Herren begeistert waren.“

Der Targa S entstand 1968 in genau 1257,75 Stunden Handarbeit, vergütet mit je zehn Mark. Irgendwie fand der Elfer später wieder den Weg zurück zu Roßmayer. „Eines Tages stand ich daheim in meiner Werkstatt, sah das Elfer-Modell und auch die anderen, wie den 914er, den ich für die Zuffenhausener gebaut hatte. Was würde ihnen passieren, wenn ich einmal nicht mehr bin? Die Modelle müssen doch heim, zu Porsche.“ Augenblicke später wischt sich der 82-Jährige ein paar Tränen aus den Augen. Ein bewegender Moment. Tobias Mauler, beim Porsche Museum auch für Kleinexponate zuständig: „Vor etwas mehr als drei Jahren haben wir diese Kleinkunstwerke samt Formen und Ersatzteilen abgeholt. Wir waren sofort begeistert. Die Ausstellung hat uns jetzt die Möglichkeit gegeben, das Targa-Modell noch einmal zu restaurieren und der Öffentlichkeit zu zeigen. Es ist ein echter Hingucker geworden.“

Allerdings einer, an dem der Zahn der Zeit genagt hatte. Deshalb wurden von einem Experten viele Dinge wieder instand gesetzt und aufpoliert, aber ohne die charmante Patina zu übertünchen, also mit viel Fingerspitzengefühl. Als Roßmayer sich jetzt sein Werk von damals anschaut, scheint er jedenfalls sehr zufrieden mit dieser Restaurierung.

Und plötzlich lodert ein unglaubliches Feuer in seinen Augen auf, und er erzählt uns, wie er damals aus dem Nichts den Porsche 911 Targa S mit Epoxyharz-Karosserie von Hand gebaut hat. Er hatte ein Windkanalmodell ohne Inneneinrichtung als Vorlage und konnte sich das Original anschauen. So entstanden schließlich in Handarbeit die Prototypenteile, dann Positiv und Negativform und danach wiederum die Abgüsse. Viele Teile sind aufwendig gedreht, so auch die Fuchsfelgen, die mit kleinen Muttern verschraubt werden können. Die Türen lassen sich öffnen, das Targa-Dach und die flexible Heckscheibe abnehmen. Roßmayer lernte einst übrigens Schlosser bei Maybach in Friedrichshafen, und sein Einfallsreichtum wird jeden mitreißen: „Die Riffelung in der Armaturentafel stammt von einer Schuhsohle, die Reifenprofile habe ich ausgefräst und danach passende Gegenstücke eingesetzt. Die Reifenbeschriftungen habe ich mir aus einer Setzerei besorgt und dann in die Form eingearbeitet“, erinnert sich der Modellbauer. Ein paar Dinge hat er uns noch mitgebracht: ein Speichenrad von einem Austro-Daimler Sascha, den er als Modell gebaut hat, und Fotos von einer frühen Transrapid-Miniatur, die über eineinhalb Meter in der Länge gemessen hat. Bis vor Kurzem hat er sogar noch Bahnübergänge im Maßstab 1:32 selber entwickelt und verkauft – von Hand gebaut, in Uhrmacher-Qualität.

Aber die Porsche in 1:5 sind natürlich die, an die er sich am liebsten erinnert. Elmar Roßmayer: „Du fährst nach Zuffenhausen, zeigst dort dein kleines Wunderwerk, und die Herren von Porsche sind hellauf begeistert. Das sind natürlich Dinge, an die du dein Leben lang gerne zurückdenkst und die ich nie missen möchte.“ Im Museums-Shop gibt es außerdem noch zwei 1:43-Modelle von Spark zur Ausstellung zu kaufen. Die Vorbilder liefern der schwarze 911 2.4 S von 1972, der von Porsche Classic eigens restauriert wurde, und ein schwarzer aktueller 911 (992) als Targa im Sondermodell-Trimm zu „50 Jahre Porsche Design“. Preis: je 55 Euro.

Der quirlige Elmar Roßmayer steht vor seinem blauen Meisterwerk von damals, schaut es sich noch einmal mit einem kritischen Kennerblick an, streicht sanft über die Karosserielinie, fixiert die Felgen und die perfekt eingesetzten Scheiben: „Ist doch schön geworden, mein 911 Targa S.“ Und wir haben jetzt eines gelernt: Ehrliches Design, wie F. A. Porsche es sich zum Ziel gesetzt hat, gibt es auch im Maßstab 1:5.