Die ZweiDas Teamwork von VW und Wiking

Unbekannt

 · 18.06.2021

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Beide Topmarken bauen Volkswagen: die vom Mittellandkanal in 1:1, die andere in 1:100, 1:90, 1:87 und auch 1:40.

Als 1948 die D-Mark den Startschuss für das Programm der Wiking-Verkehrsmodelle gab, folgten Käfer und Bulli nahezu zeitgleich – auch als Auftragsproduktion für das Wolfsburger Volkswagen-Werk in 1:40 und als Drahtachser in 1:100. Von nun an wurde dieser rote Faden einer engen, jahrzehntelangen und bis heute fortdauernden Zusammenarbeit weitergesponnen. Der gläserne Käfer sollte für die Werbestrategen der damals jungen Autostadt das Nonplusultra-Werbemittel der Anfangsjahre sein. Heckmotor und Inneneinrichtung samt vorderem Kofferraum – alles unter der transparenten Karosserie sichtbar. Und im gleichen Maßstab 1:40 gelang es auch, dem geneigten VWKunden das Transporter-Prinzip näherzubringen: Motor hinten, viel Platz für die Fahrgäste. Diesmal wurde lediglich die Dachkarosserie transparent abgespritzt, sodass man einen Blick auf die munter platzierten Passagiere haben konnte.

Wer heute genau hinschaut, der kann sich eines Schmunzelns nicht erwehren: In der letzten Reihe des VW-Bullis hat Wiking-Modellbaumeister Alfred Kedzierski sogar seinen Chef Fritz Peltzer Platz nehmen lassen – 40fach miniaturisiert. Tradition ist bei Wiking das, was gilt und Brücken schlägt: Es versteht sich von selbst, dass der erste Transporter Typ 2 aus einer einzigen Wiking-Form im Gründungsjahr der Nürnberger Spielwarenmesse eher spartanisch daherkam. Eine Karosserie musste 1950 eben genügen. In die Achsaufnahmen wurden die beiden Drähte einfach heiß hineingebrannt und hielten dann von alleine. Räder drauf, abknipsen, plattdrücken – fertig. Mit dem unverglasten Rollachser begann 1952 eine neue, vielversprechende Ära, denn Wiking- Modellbaumeister Alfred Kedzierski zauberte bereits eine zweiteilige Karosserie auf seine Werkbank.

Sozusagen die miniaturisierte Urform, schon im angenäherten Maßstab 1:90 gehalten, ohne Fenster, aber trotzdem mit viel Charme. Transporter, Bus und natürlich der Pritschentransporter zählten zum Anfangstrio, das die Berliner Traditionsmodellbauer recht schnell farben- und variantenreich in den Markt schickten: als Polizeiwagen, Feuerwehr-Mannschaftswagen und DRK-Krankenwagen. Mit der verglasten Ära kommen zu den drei Varianten noch die Doppelkabine und der Samba Bus hinzu. Eine ganz andere strategische Bedeutung sowohl für Wiking als auch für VW hatten allerdings die parallel weiter produzierten und permanent aktualisierten 1:40-Modelle. Ganze Seiten im VW-Werbemittelkatalog der fünfziger und sechziger Jahre füllte das Angebot mit jenen rundherum gelungenen Bullis, die zeitweise in allen gängigen Originalfarben erhältlich waren. Und das nicht nur in Deutschland, sondern auch bei allen europäischen VWVertretungen. Mitte der sechziger Jahre existierte sogar ein über zwei Quadratmeter großes Diorama mit Wiking-Modellen im Maßstab 1:40 – es schaffte die detailreiche Aufsicht auf eine Volkswagen-Muster-Vertretung, genauso wie man sie sich für die Expansion in die Vereinigten Staaten wünschte.

Das Anschauungsobjekt gab den Blick auf jeden noch so kleinen Winkel frei, ließ gar den Schreibtisch von Chef und Sekretärin erkennen. Es sollte das größte 1:40-Wiking-Diorama bleiben, das bis heute entstanden ist. Über 200 Modelle – bis auf den hellblauen VW 411 alle von Wiking gebaut – zeigten in der Aufsicht, wie ein mustergültiger, kundenfreundlicher Betrieb auszusehen hatte. VW-Modelle entwickelten sich in den beiden zentralen Wirtschaftswunderjahrzehnten zum wichtigsten Werbemittel: Der 1:40-Bulli im Karton überzeugte als Verkaufs-Bonbon. Bunt und süß anzuschauen. Wer eine VW-Vertretung schon in den frühen 1960er-Jahren betrat, kam an den Transportern von Wiking kaum vorbei. So präsentierte Volkswagen einen Thekenaufsteller, der auf dem Tresen die Farbvielfalt der großen Vorbilder anhand von Modellen nachzeichnete. Diese frühen Industrieaufträge waren für den Wiking-Chef Fritz Peltzer so bedeutsam, dass es ihm gelang, über viele Jahre hinweg die Kieler Zweigstelle mit diesen Ordern auszulasten. Vor diesem Hintergrund führte die Kieler Zweigstelle nahezu autark ihre Produktion und konnte zudem freilich auch noch die 1:40-Aufträge von Volkswagen für den Käfer und den VW 1600 erledigen. Während mit dem T1 die 1:40- Zusammenarbeit zum Ende der sechziger Jahre auslief und danach mit dem T2a in die Hände von Renner überging, konzentrierte sich Wiking zum Ende der sechziger Jahre ausschließlich auf den Maßstab 1:87.

Und während die Folgegenerationen immer wieder Berücksichtigung fanden, wurde vor allem der Kult des T1 gepflegt. Dem Sammler ist es recht. Zahlreiche attraktive zeitgenössische Varianten der unterschiedlichen Baujahre entstanden aus alten Formen. 2006 folgte der T1b, erstmals mit eingesetzten Scheinwerfern, die im Vergleich zu anderen Herstellern silbern hinterdruckt waren und dem Bulli seither sein verschmitztes Nasengesicht gaben. Und 2016 kehrte zusätzlich noch der erste VW Typ 2 zurück, freilich als revolutionärer Kontrast zum dahineiernden Wiking-Drahtachser der Stunde null! Natürlich filigranisiert und im Maßstab 1:87, ganz nach dem Geschmack der Modellfreunde, die den Bulli zum faszinierenden Endlos- Thema machen. Es sind die Details, die den Typ zum wunderschönen Klassiker adeln. Die vorn durchgehende Sitzbank etwa gehört ebenso dazu wie die zeitgenössischen Karosseriegravuren von Winkern, Doppeltüren und außenliegenden Türscharnieren. Wie in den Anfangsjahren fährt der Typ 2 ohne heckseitige Stoßstange, dafür mit großem VW-Zeichen auf der Nase vor. Der Bulli-Kult lebt!