Die Taxi-Sammlung von Günther Schneidt – Ich suche ein TAXI

Andreas A. Berse

 · 18.09.2025

Der Fuhrpark von Günther Schneidt besteht nicht nur sortenrein aus Taxis. Er sammelt auch Wikingund Siku-Plastik.
Foto: Markus Bolsinger
Günther Schneidt findet immer ein Taxi, vor allem en miniature. Da sind es mittler weile über 7600. Und das hat für den Erlanger auch etwas mit Pilzen zu tun.
„Das Finden ist für mich bei meinem Hobby der Kick!“

Das ist wie bei den Pilzen! Wenn ich da in den Wald gehe, ist es ein ständiges Suchen und Finden.“ Diese Strategie war für Günther Schneidt auch bei einem anderen Hobby erfolgreich: Denn der ehemalige Taxifahrer mit eigenem Betrieb sammelt passende Miniaturen. Und zwar kreuz und quer – aus aller Welt, in allen Größen. Hinter dem Lenkrad eines Taxis verdiente er sich schon als Student sein Geld, bis heute lassen ihn diese Miniaturen einfach nicht mehr los. Der Spürhund zu MODELL FAHRZEUG: „Der Kick ist es für mich, wenn ich nach langer Suche ein neues Modell finde und in den Händen halte. Aber danach habe ich wieder ein anderes Problem: Wohin damit?“

In Erlangen – im Anbau eines Gebäudes von 1896 – sind seine Schätze eingeparkt. In einem Teil des Anwesens, der früher als Kohlelager und Waschhaus diente. Wer eine stählerne Treppe hochsteigt, eine Tür öffnet und hoffentlich rechtzeitig den Kopf einzieht, blickt auf ein fantastisches Tohuwabohu aus Vitrinen, Sideboards oder Schubladenschränken, die mit Preziosen gefüllt sind, umkränzt von Obst- und Klappkisten. Das Szenario ähnelt der Skyline von New York. Auch da fahren ja weltberühmte Taxis. Könnte aber auch die Silhouette von Metropolis sein.

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Schneidt bescheiden: „Es ist wohl die drittgrößte Sammlung auf der Welt. Meine Kollegen Brian in London und Nathan in New York haben noch mehr.“ Für den passionierten Sammler ist es längst eine Binsenweisheit, dass auch bei auflagenstarken Marken echte Taxi-Raritäten zu entdecken sind. Bei 1:87-Marktführer Herpa ist der Mercedes-Benz W 124 mit der seltenen Bedruckung „Abex-Bremsbeläge“ so etwas wie die hellelfenbeinfarbene Mauritius. Auch der Fünfer BMW (Generation E34) mit der Bedruckung des Clubs „Sterntaler“ brilliert in diesem Rollenfach. Der Franke: „Ich weiß bei vielen Modellen, was sie mich gekostet haben, aber ich rede nicht so gerne drüber.“ Und für ein cooles Taxi bricht er auch mal seine eigenen Sammlerregeln: „Ich mag einfach kein normales Matchbox-Auto.“ Aber der grüne Mercedes-Benz W 116 als Taxi aus „fadenscheiniger“ bulgarischer Produktion darf trotzdem in der Kollektion nicht fehlen.

Manchmal sind die Werkstoffe exotisch, wie bei den drei aus Holz gefertigten Taxis aus dem Erzgebirge, die im Maßstab irgendwo zwischen 1:64 und 1:43 liegen. Schneidt: „Davon hätte ich gerne noch mehr. Wer da etwas hat, darf mich gerne kontaktieren. Ich finde die astrein.“ Exoten sind sowieso sein Ding. Bei den 1:43ern etwa der schwarze Fiat 1500 von Dalia „Made in Spain“. Auch die britische Traditionsfirma Dinky kennt Taxi-Kronjuwelen. Der Mercedes-Fahrer Schneidt: „Nach dieser braunen Heckflosse in 1:43 als Taxi aus indischer Dinky-Produktion habe ich sehr lange gesucht.“

Der studierte Maschinenbauer geht gerne bei internationalen Börsen auf die Pirsch, verkauft und kauft, dreht ein großes Rad: „Je mehr ich beim Verkauf einnehme, desto lockerer sitzt das Geld.“ Die vielen Besuche auf solchen Events halten außerdem noch jung: „Wir Älteren, ich bin Jahrgang 1953, sollen ja viel Kontakte pflegen. Da wird man nicht so schnell dement.“ Als Günther Schneidt dem Autor ein Blechauto von Gnom zeigt, ein schwarzes Wartburg-Taxi, beweist sich diese These: „Den habe ich in Berlin auf einer Börse gekauft, für zehn Mark. Als die Mauer damals fiel, hat sich eine neue Taxi-Welt für uns Sammler geöffnet. Die damaligen Stettnisch-Börsen waren besonders interessant.“ Auch in Frankreich hat er einen Favoriten, ein Lieblingsevent: „Die Bourse Internationale in Orleans ist für mich ganz wichtig.“ Denn so einfach ist es gar nicht mehr für ihn, etwas Neues zu finden. Er ergänzt: „Trotzdem habe ich bisher nur ganze drei Modelle im Internet gekauft. Ich bin einmal echt reingefallen. Das reicht mir!“

„Wer kennt denn noch mehr Holz-Taxis aus dem Erzgebirge?“

Manchmal wird für den Taxi-Papst sogar Maßgeschneidertes angefertigt. Er zeigt ein 1:43-Taxi in Rot auf Basis eines Skoda 120 LS: „Dafür habe ich einen Spezialisten vom Shop Tamele aus Prag, der mir so etwas umbauen lässt.“ Aber: Es muss wirklich ein Vorbild geben, und Schneidt will dann auch ein passendes Beweisfoto dafür sehen. Das heißt nicht, dass in dem taxibeschilderten Sammelsurium nicht auch Kuriositäten der Marke „Fantasie mit Schneegestöber“ parken. So etwa ein schrillgelber Porsche 928 mit Drahtfernlenkung samt Taxi-Beschriftung: „Den habe ich auf der Spielwarenmesse in Nürnberg entdeckt. Er ist ein Handmuster geblieben, das wohl nie in Produktion ging. Dieser 928 ist so verrückt, dass er einfach perfekt in meine Sammlung passt.“

Die Modelle kommen mittlerweile längst aus der ganzen Welt. Ein VW Passat der zweiten Generation und ein Toyota Super Crown rollen – im Maßstab irgendwo zwischen 1:24 und 1:18 nachgezeichnet – vor die Kamera und zeigen eine Lackierung in Weiß sowie hellem Rot: „Beide kommen aus dem Irak und sind originalgetreu dekoriert. Ein Einheimischer hat sie mir extra angefertigt!“

Auch hinter einem braunen VW Käfer von Solido versteckt sich ein Geheimnis: „Dieser 1:43er aus Die Cast wurde in Brasilien produziert.“ Es gibt noch mehr aus dem Samba-Land zu berichten: So parken vor der Kamera ein grüner früher Passat und ein blauer VW Käfer mit Taxi-Schild aus Zinkdruckguss in 1:66. Schneidt: „Die stammen von Rei aus Brasilien. Die ursprünglichen Formen hatte Schuco aus dem Fränkischen entwickelt. Am Zuckerhut ging es dann weiter.“

Aber auch alte Schätze aus Blech liefern frühe und meist lithografierte Meilensteine aus der Modellautowelt. Wie ein wunderschönes Taxi in tadellos erhaltener Zweifarbenlackierung aus Gelb und Schwarz von einem unbekannten Hersteller – wahrscheinlich aus den Zwanzigern. Noch detaillierter fährt ein Lehmann-Taxi mit fein detem Chauffeur vor. Auch ein ro nachgebiltes Taxi von Fischer aus Nürnberg, das viele Finessen aus Blech zeigen kann, ist unterwegs: „Das habe ich dem ein grau-blauer uer Opel Rekord von Arnold in Ponton-Form auf. Der Sammler nimmt das Prachtstück in die Hand, und ein Leuchten in seinen Augen ist zu erkennen: „Da war ich einfach hin und weg und habe richtig bluten müssen.“ Heute strahlt der Sammler fast mit dem Chrom um die Wette.

Nicht selten hockt sich der Experte auch an seinen großen, fast immer zugeparkten Schreibtisch, setzt sich eine Lesebrille auf die Nase und vergleicht zwei Taxi-Zwillinge. Denn: „Manchmal sind die gar nicht identisch. Gerade die großen Firmen wie Corgi, Dinky und Co haben in der Produktion immer wieder kleinere Veränderungen vorgenommen.“ Schneidt weiß genau, welche. Selbstverständlich setzt dann die Pirsch auf neue Varianten ein. Kein Taxi ist wie das andere – auch nicht bei den Modellautos.

Einen Augenblick später verschwindet er im Chaos und murmelt vor sich hin: „Wo steht er jetzt noch gleich, das kann doch gar nicht sein!“ Wir haben Glück. Sekunden später hat der Sammler ein buntes Taxi aus Kunststoff mit Blechboden auf Basis eines Peugeot 504 gefunden: „Ich streite mich gerade mit Monsieur Dufour, ob der echt ist. Ich musste bei dieser bunten Lackierung einfach zugreifen.“

Kunststoffmodelle haben sowieso ihren ganz speziellen Reiz für Schneidt. Da dürfen selbstverständlich die Mercedes-Benz 180 und 220 als schwarze Motordroschken aus der frühen Siku-Zeit nicht fehlen. Der Kenner: „Die weißen Streifen auf der Schulterlinie machen sie zu echten Taxis!“ Und selbst der umsatzstarken Marke Wiking gewinnt der Erlanger Taxler- Raritäten ab: „Dieser Mercedes W 124 und der Fünfer BMW in der nicht vom Werk autorisierten ,McDonalds‘-Verpackung sind BigMac-Raritäten, und der W 124 als T-Modell mit der Aufschrift ,Ich tanke vegetarisch‘ gilt als selten. Schneidt: „Es heißt, die habe Mercedes selber bedruckt!“

Eigentlich ist er ja nur Teilzeit-Taxisammler: „Mein Herz schlägt für Wiking. Ich mag einfach 1:87.“ Als der Autor was später in Schneidts Wohnung das Thema Modell etauto noch etwas „nachkarteln“ kann, beweisen das unzählige Vitrinen eindeutig.

Vorher – noch im Anbau – zeigte er mir einen weiteren Droschken-Exoten in 1:43: einen Chevrolet Opala in Blau von Solido aus Brasilien, wie er auch am Zuckerhut Fahrgäste herumkutschiert.

Mir geht durch den Kopf: Wie viele Kilometer stünden wohl auf dem Tacho, wenn der Erlanger alle Reisen zusammenrechnen würde, die er wegen seiner Taxileidenschaft unternommen hat? Die Antwort kommt vom Taxifahrer spontan: „Ich wüsste viel lieber, was da auf dem Taxameter stünde. Es wäre viel. Ich sammle ja schließlich seit 1979.“ Schneidt will mindestens 88 werden. Da hat er ja noch genug Zeit für weitere Entdeckungen mit Taxameter. Wir kommen dann noch einmal wieder.

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