Die Mercedes-Benz SL von Wiking in 1:87 - Sternschnuppen

Ulrich Biene

 · 22.07.2024

Die Mercedes-Benz SL von Wiking in 1:87 - SternschnuppenFoto: Ulrich Biene
Der SL von Mercedes-Benz wird 70 und hinterließ am Wiking-Firmament luxuriös schimmernde Spuren in der Ahnengalerie.
Der Roadster aus der modernen Form zum Mercedes-Benz 300 SL punktete mit einer beweglichen Motorhaube in 1:87
Foto: Ulrich Biene

Wiking-Chef Fritz Peltzer und sein Modellbaumeister Alfred Kedzierski sahen schon 1956 das Ende der unverglasten Ära kommen. Matchbox als Wettbewerber mit seinen ersten Regular Wheels aus Die Cast war zwar nicht maßstabsgetreu in den Jungen-Hosentaschen unterwegs, dennoch sollten die durchbrochenen Karosserien der unkaputtbaren Metallmodelle stetig an Attraktivität gewinnen.

Wiking steuerte um. So gelangte der Mercedes-Benz 190 SL als Cabrio gerade zur richtigen Zeit ins Programm – ein Traumauto unter den 1957er-News! Gleich auf dem Titel der Neuheitenliste wurde die „25c“ – der 190er SL mit Dach – präsentiert. Die Open-Air-Version gelangte zeitgleich ins Programm und wirkte noch stylischer. Wiking-Chef Fritz Peltzer konnte nicht damit rechnen, dass sein SL-Modell an einen bundesdeutschen Krimi jener Zeit anknüpfen sollte. Im gleichen Jahr war Rosemarie Nitribitt ermordet worden, die sich den Fotografen gern als gut betuchte Besitzerin eines blitzblank polierten 190 SL zeigte. Die Laufstegdame galt damals als Deutschlands berühmteste Prostituierte. Auf der„International

Motor Sports Show“ in New York hatte Mercedes-Benz neben dem 190 SL (W 121) auch den 300 SL (W 198) vor - gestellt. Zwei SL nebeneinander soll - te es nicht noch einmal geben. Doch bei Wiking gab es die TypenKoexistenz später ebenfalls. Der unverglaste Flügeltürer unter der Nummer „23“ war schon 1956 ins Programm eingezogen, wirkte aller - dings denkbar blass gegenüber dem 190 SL, weil es ihm einfach an Charis - ma fehlte. Das änderte Wiking 1960 und sorgte für eine zeitgerechte Ver - glasung auch des legendären „Gull - wing“. Dieser SL schrieb Wiking-Ge - schichte und gelangte 1962 zusätzlich als 300 SL Roadster ins Programm. Alfred Kedzierski hatte ein kleines Meisterstück geschaffen. Sieht man dem 190 SL noch heute die formalen Zugeständnisse an den Formenbau an, gab es beim 300 SL Roadster nichts mehr zu mäkeln. Die - ser SL wurde zum automobilen Traum, vor allem dank der Nähe sei - ner Karosserielinie zum Flügeltürer.

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Der SL der Baureihe W 113 war bei Wiking fortan gesetzt. Es bedurfte in der Villa Unter den Eichen 101 in Ber - lin-Lichterfelde keiner Diskussion, um dem Nachfolger den Weg ins Pro - gramm zu bereiten. 1965 folgte die Pagode, sozusagen das nächste Traumauto aus der Designschmiede von Friedrich Peltzer. Es war seine neue, schnörkellose Formsprache, die dabei die sympathischen Run - dungen des SL-Vorgängers mit der Geradlinigkeit der sechziger Jahre vereinte. Weil Modellbaumeister Alfred Kedzierski ein sicheres Auge hatte, setzte er intuitiv, aber clever auf die Blickfangwirkung der mächtigen Scheinwerfer mit verglasten Einsätzen. Im Olympiajahr 1972 folgte der Mercedes-Benz 350 SL. Die Pro - Fotos: Ulrich Biene grammnummer „14“ überraschte mit ihrem Gesicht. Statt auf Gravuren und die aufwendigen transparenten Scheinwerfereinsätze der Pagode setzten die Berliner Modellbauer auf einen Aufkleber, der kurzerhand in zweifarbiger Bedruckung die wuchtig-breite Kühlergrillpartie des R 107 nachzeichnete. Erst 1975 spendierte Wiking diesem SL einen gravierten Kühlergrill. Wer erinnert sich nicht an den TV-Dauerbrenner „Dallas“? Bobby Ewing machte die Baureihe R 107 mit dem US-Kennzeichen „Ewing 4“ in der westlichen Welt populär.

Nach der rettenden Übernahme von Wiking-Modellbau war es Volker Sieper, der dann 1989 den R 129 initiierte. Es sollte ein sehr feiner SL werden, der erst mit Hardtop und dann 1992 als Cabrio vorfuhr. Die offene Version mit freiem Blick auf das detailreiche Interieur verfügte sogar über einen beweglichen Überrollbügel. Volker Sieper hatte ein Faible für die Wiking-Finessen entwickelt und die traditionsreichen Modellbauwerkstätten auf den neuesten Konstruktionsstandard gebracht.

Das kam gerade richtig für den 300 SL Roadster W 198. Mit ihm läutete der neue Wiking-Chef die Klassiker-Offensive der neunziger Jahre ein. Das legendäre Cabrio der Nachkriegsjahre erhielt ein Upgrade. Denn erstmals ließ sich bei einem Wiking-SL die Motorhaube öffnen – dem Sammelfreund wurde der Blick aufs mächtige Aggregat gewährt. Das alles gelang mit Top-Spaltmaßen. Durch die Aufmerksamkeit der Sammler motiviert, setzte Wiking noch eins drauf: Mit dem 300 SL Gullwing aus neuen Formen sollte schon 1994 Zukunftsmusik ertönen. Vor 30 Jahren war das eine Nürnberger Messe-Sensation: Erstmals ließen sich die Flügeltüren aufschwenken! Sie verströmten im Maßstab 1:87 den Duft von Luxus und zeitgenössischer Avantgarde des Sportwagens. Auch wenn die SL-Chronologie bei Wiking vorerst keine Fortsetzung fand, so gibt es dennoch reichlich News – dank der revitalisierten Formen mit einem zeitgenössischen Mehr an ästhetischem Finishing.

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