Car Mann
· 28.05.2025
Bei seinem Debüt 1961 war der große Karmann, also der Typ 34, der teuerste und schnellste Pkw im Volkswagen-Programm. Mit dem kleinen Motor kostete der Zweitürer mutige 8750 Mark, mit dem großen 1600er erreichte er beinahe magische 150 Stundenkilometer Spitzengeschwindigkeit. Bis 1969 rollten gerade einmal 42.505 Stück von den Produktionsbändern in Osnabrück, Lorenz baute wohl um die 20 zu Cabriolets um. Nicht nur der Preis, auch das polarisierende Design sorgte für die magere Verbreitung und macht gut erhaltene Exemplare heute zu gesuchten Raritäten. Während die Technik gottlob vom Typ 3 stammt und keine Probleme darstellt, sind Karosserieteile hochgradig rostgefährdet und sündhaft teuer. Frontmaske: 2950 Euro, Stoßstange vorne: 1450 Euro, Kotflügel: 2050 Euro, Leuchten hinten: 349 Euro. Das sind Preise von 2010 unter Freunden.
Auf den Straßen sieht man den Typ 34 deshalb ungefähr so häufig wie einen Yeti im Himalaya. Solch ein Automobil in 1:18 und im Full- open-Trimm umzusetzen, ist genauso ein Risiko, wie es 1961 der große Karmann war. In 1:1 stellten sich VW und Karmann dieser Herausforderung, in 1:18 tun dies bald Norev und das Ravensberger Handelskontor. Es macht einen Heidenspaß, dass es diesen Zweitürer nun in einer fantastischen Qualität im Bburago-Maßstab zu kaufen gibt – für vergleichsweise moderate 99,95 Euro. Beim Ravensberger Handelskontor haben diese drei Versionen zeitlich den Vortritt: Pazifik mit weißem Dach, Seeblau mit weißem Dach und Manilagelb mit schwarzem Dach. Mit etwas Zeitversatz folgen später bei Norev: Perlweiß uni, Smaragdgrün uni und Rubinrot uni.
Auch konstruktiv ist selbst die Verkleinerung hochinteressant. Sascha Voss, der den Typ 34 bei Norev in Aachen entwickelt hat: „Um einen möglichst harmonischen Übergang zwischen Frontscheibe und vorderem Dachteil zu realisieren, haben wir das gesamte Dach samt Fenstern als transparentes Kunststoffteil ausgelegt, das dann schablonenlackiert und originalgetreu bedruckt wird.“ Kleiner Nebeneffekt des Kniffs: So lassen sich die Dachteile perfekt in den damals angebotenen Kontrastfarben lackieren.
Dank CAD-Daten trifft die Miniatur die ungewöhnlichen, seinerzeit sehr polarisierenden Proportionen des Typ 34 mit digital fundierter Präzision. Das ist bei den Franzosen gesetzt, da ein Original vermessen wurde. Sascha Voss: „Die Herausforderung bei diesem Vorbild ist es eher, ein gutes Fahrzeug zu finden.“ Was auf den zweiten Blick ins Auge springt, ist das hell schimmernde Chrom, das insbesondere bei den beiden hier gezeigten dunklen Lackierungen deutlich hervorsticht. Die Spaltmaße der beweglichen Türen und Hauben sind über jeden Zweifel erhaben. Da wäre ein passendes Öffnungswerkzeug nicht fehl am Platz.
Insgesamt entsteht so eine luxuriöse, hochwertige Ausstrahlung, die auch das Original verströmt, wenn man das rare Vergnügen hat, eines in Augenschein nehmen zu dürfen. Unter der vorderen Haube kann der Sammler neben dem überschaubar tiefen Kofferraum ganz vorne das Reserverad entdecken und auf der Beifahrerseite den Einfüllstutzen für das Benzin. Hinten ist der flache Boxermotor mit einer fein gravierten Kunststoffklappe nachgezeichnet, die Norev teilweise mit Verzierungen versehen hat. Hier wird schablonenlackiert.
Die durchweg zweifarbig gestalteten Interieurs unterstreichen das brillante Auftreten des Osnabrückers zusätzlich. Das spindeldünne Lenkrad hat einen ebensolchen verchromten Lenkradkranz. Man muss den Typ 34 nicht mögen, aber so, wie Norev ihn uns präsentiert, kann ein Oldtimer-Liebhaber diesem sehr ungewöhnlichen Volkswagen kaum widerstehen. Zumal dem Verkaufspreis ein gelungenes Produkt gegenübersteht.
Meine persönlichen Lieblingsdetails sind die Schlaufe, die beim Original die Rücklehne der Fondsitzbank hält, das Parklicht am vorderen Kotflügel und die Wagenheber-Aufnahme am Chassis. Der VW-Fan, der uns seinen ganz frühen, weißen Typ 34 für diese tollen Fotos zur Verfügung stellte: „Ich bin sprachlos, begeistert!“
Beide, Norev und das Ravensberger Handelskontor, haben etwas gewagt, so wie damals VW und Karmann mit dem Original. Dieser Mut ist wunderbar und verdient einfach Erfolg.