Blitzblanke LasterDer Opel Blitz in der Wiking-Historie in 1:87

Unbekannt

 · 23.06.2021

Der Opel Blitz und Wiking, das geht gut zusammen, und der 1:87-Fuhrpark ist über die Jahre zum Sammelthema gewachsen.
Foto: Ulrich Biene

Wiking mag den Opel Blitz und seine Geschichte. Der „Gasolin“- Abschleppwagen setzt diese Rüsselsheimer Erfolgsstory jetzt fort.

Gleich 1952 setzt Gasolin auf den Langhauber, jenen Opel Blitz, der mit seinen drei breiten Chromstreben das neue Zeitalter wendiger Nachkriegs-Schnelllaster einläutete. Er fährt mit Kastenaufbau dutzendfach in Diensten der Niederlassungen, während er als Abschleppwagen geduldig neben den Gasolin-Großtankstellen jener Jahre auf seinen Service-Einsatz wartet. Genau diese Geschichten, die Sammler lieben, stehen heute hinter den Wiking-Modellen, wenn sie die Lüdenscheider H0-Entwickler ihren Markenfreunden widmen. Ein gutes, wahres Stück Automobilhistorie gehört dazu – der Mythos der Wirtschaftswunderjahre schwingt beim Langhauber allemal mit. Die Rüsselsheimer Markenstory des Opel Blitz ist zwar seit 1975 in 1:1 leider beendet, aber Wiking findet jetzt ihre interessante Fortsetzung – mit vorbildgerechter Sorgfalt.

Für die Modellbauer in Berlin beginnt die Story des Opel Blitz erst in der zweiten Hälfte der Fünfziger, als Wiking das Programm der Verkehrsmodelle verdichtet und nach einem leichten Lkw sucht. Die Wahl fällt rasch auf den Blitz, denn seit 1952 schickt Opel einen 1,75-Tonner erfolgreich auf die Straße. Wie so viele in dieser Zeit, wähnen sich auch die Opel-Designer bei amerikanischen Vorbildern in Sicherheit. Und so zieht der leichte Laster mit einem chromblitzenden Haifisch-Maul in der Haube in den Kampf um Marktanteile. Wer’s genau wissen will, kann den Alleskönner bei Wiking millimetergenau erleben. Bei den 1:87-Modellbauern hält der Blitz 1957 als Langhauber mit Pritsche und offener Plane noch unverglast Einzug.

Der klassische Opel Blitz als „WIMO“- Getränkepritsche im DioramaFoto: Ulrich Biene
Der klassische Opel Blitz als „WIMO“- Getränkepritsche im Diorama

Zwei Aufbauvarianten, der Getränkewagen „WIMO Sip“ und der Kofferaufbau „WM-Service“, sind mit diesem Fahrerhaus 1959 nur kurz im Sortiment. Dann kommt die große Zeit, als sich alle drei Varianten mit durchbrochenen Scheiben und transparenten Fenstereinsätzen zu noch zukunftsfähigeren Miniaturen mausern. Nahezu parallel erscheinen die Wettbewerber im wirklichen Leben – der Mercedes-Benz L 319 und der Borgward-Pritschentransporter – noch im „angenäherten Maßstab 1:90“. Wenige Farbvarianten prägen die verglaste Programmepisode des Langhaubers. Beim Pritschenlaster sind es Rot und Blau, beim Getränke-Lkw „WIMO Sip“ Rot sowie Blassrot, und beim „WM-Service“ bleibt es bei den überschaubaren Kombinationen von Orangerot und Resedagrün sowie Himmelblau und Silbergrau. Als 1960 Opel die neue Blitz-Baureihe als 1,9-Tonner vorstellt und das Kurzhauber-Fahrerhaus seinen Vorgänger verdrängt, entschließt sich Wiking zur Aktualisierung.

Ohne Eile baut Modellbaumeister Alfred Kedzierski stilsicher das Modellmuster für die noch tiefgezogenen Formen des neuen Fahrerhauses, sodass 1965 diese Generation für den Handel zur Verfügung steht. Der gewichtsmächtige Pfaffe aus gehärtetem Stahl im Maßstab 1:87 kündet von der Perfektion, die Wiking mittlerweile an den Tag legt. In der Basisversion bleibt die Plane wieder seitlich geöffnet. Der Kühlwagenaufbau und ein recht schlichter Pritschenauflieger, der später noch mit Beladung eine Aufwertung erfährt, komplettieren den Fuhrpark. Aber auch als Drehleiter DL 22 und Polizei-Mannschaftswagen erobert sich dieser Opel Blitz bei Wiking eine dominante Katalogposition. Sein Beliebtheitsstatus verändert sich nicht, als der neue und auch letzte Opel Blitz – zu erkennen an der deutlich höheren Haube und der waagerechten Kühlergrilltrennung – 1973 von Wiking in den Fachhandel fährt.

Auch diesmal liefert die Chronologie des Opel Blitz eine Blaupause für die unaufgeregte Modellpolitik am damaligen Berliner Stammsitz. Unter den Eichen 101 regiert jahrzehntelang die ruhige Hand. Als alleiniger und etablierter Anbieter für Autominiaturen in 1:87 besteht noch keine Notwendigkeit, unmittelbar auf Facelifts der Automobilindustrie zu reagieren. Denn das Vorbild der letzten Version des Opel Blitz läuft bereits seit 1965. Dabei scheint das Ende der Opel-Lkw-Ära für Insider näher zu rücken. Während Wettbewerber mit neuen Entwicklungen und Innovationen auf den Markt kommen, tritt Opel auf der Stelle. 1975 ist Schluss, der letzte Blitz läuft vom Band! Unbeeindruckt vom Vorbild-Aus fährt der Kurzhauber bei Wiking weiter seinen Weg.

Funktionstüchtige Blitz-Drehleitern der dritten Blitz-GenerationFoto: Ulrich Biene
Funktionstüchtige Blitz-Drehleitern der dritten Blitz-Generation

Sowohl die Drehleiter als auch der Polizei-Mannschaftswagen bleiben bis in die Achtziger hinein im Programm. Den Bedford Blitz, ein eher zaghafter Opel-Versuch, mit einem Gefährt aus britischer Schwesterproduktion im deutschen etwas Transportersegment Marktpotenzial abzuschöpfen, greift Wiking 1979 mit der Pritschenausführung und 1981 typentreu mit dem Kastenwagen auf. So richtige Freude will beim Sammler nicht aufkommen. 1984 beendet der Bedford Blitz seine kurze Wiking-Karriere. Dennoch sollte der Opel Blitz bis heute nicht in Vergessenheit geraten. Dafür sorgt Wiking-Gründer Friedrich Peltzer höchstselbst. Als er über eine Klassiker-Serie nachzudenken beginnt, verschwendet im ganzen Modellbau noch niemand einen Gedanken daran. So gibt Peltzer das Go für den legendären Ur-Vater des Opel Blitz S ab Baujahr 1939.

Der Klassiker gibt sich erstmals auf der Nürnberger Spielwarenmesse die Ehre. Dass sich Wiking den Wehrmachtsmodellen nähert, überrascht viele, weil diese Exemplare nicht so recht in die große Welt der kleinen Verkehrsmodelle passen wollen. So kommt 1973 der Mannschaftskoffer- Lkw, 1976 der Pritschen-Lkw mit Militärplane und 1978 der Flugfeldkesselwagen hinzu. Alle drei verschwinden aber mangels Nachfrage wieder. Was bleibt, ist der Pritschen- Lkw, aber auch die beiden Feuerwehrfahrzeuge – das Löschfahrzeug LF 8 und die Drehleiter DL 19. Dass Wiking dem Opel Blitz stets Aufmerksamkeit schenkte, beweist der Blick ins umfangreiche Archiv. Dort steht das Handmuster von Alfred Kedzierski, dem der Modellbaumeister einst sogar die typische Omnibusbauweise des karosserieüberbauten Fahrerhauses mit auf den Weg gab. Mit dem Blitz darf 45 Jahre nach dem Vorbild-Aus weiter gerechnet werden.