Ro Achtzig
· 06.07.2025
Beinahe würden wir heute Wankel-S-Klassen fahren. Das läge dann am Mercedes-Benz C 111-II mit Drehkolbenmotor, den Norev jetzt spektakulär in 1:18 baut.
Wie ernst es Mercedes-Benz mit dem Rotationskolbenmotor war, bewies Anfang der Siebziger eine Vorstandssitzung beim Stern. Tagesordnungspunkt: S-Klasse und SL sollten auf die seidenweich laufenden Wankelaggregate umgestellt werden. Eine Stimme fehlte, also durfte weiter der Hubkolbenmotor luxuriös auf und ab streben.
Es gab auch schon einen SL-Roadster auf Basis des R 107 mit einem Wankelmotor, aber den Hype um den exotischen Drehkolbenmotor löste ein ganz anderes Fahrzeug aus: das Experimental-Coupé C 111. In Genf zeigte Mercedes-Benz 1970 bereits den C 111-II mit einem optimierten, eleganteren Styling, der wie sein Vorgänger in der Farbe Weißherbst erstrahlte, ein Metallic-orange, das auch optisch die Sonderstellung dieses neuen Flügeltürers aus der Science-Fiction-Abteilung unterstrich.
Ja: Der Wankelmotor hatte noch so viele Probleme wie ein Hund Flöhe, vor allem beim Dichtungsmaterial. Aber: Wäre Untertürkheim damals mit seiner geballten Kompetenz die Kinderkrankheiten angegangen, würden wir heute eventuell ganz andere Autos fahren. Denn der neuartige Motor ermöglichte auch innovative Autoformen, wie der NSU Ro 80 mit seiner Keilform schon 1967 bewiesen hatte.
Der Motor saß beim C 111 aber in der Mittelposition. Der Ur-Renner hatte einen Dreischeiben-Wankelmotor mit 280 PS, der C 111-II von Genf bereits vier Scheiben unter der Haube und 350 Pferdestärken.
Der orangefarben schimmernde Renner fuhr damit bis zu sagenhafte 300 km/h – je nach Übersetzung.
Er hatte ein Fünfgang-Schaltgetriebe. Dass Mercedes durchaus an ein Serienauto dachte, bewiesen Radio, Zigarettenanzünder und der Ascher im Flügeltürer mit dem Dreh. Wegen der schnell ansteigenden Hitze im engen Innenraum war eine Klimaanlage mit an Bord. Im Heck gab es auch einen nutzbaren Kofferraum.
Nachdem der Stern den Wankel für Serienfahrzeuge ad acta gelegt hatte, diente der Wagen als Träger für Fahrtests mit Dieselmotor von immerhin 190 PS. Daimler experimentierte beim Selbstzünder mit Aufladung mittels Garrett-Turboladern. Und als Modellauto löste der C 111 einen Hype im Kinderzimmer aus. Da kommt jetzt Nachschub. Denn bisher gab es vom C111-II nur einen uralten 1:18er von Guiloy. Doch nun schiebt im Juli Norev den Schwabenpfeil aus der Box.
Die technischen Features sind umfangreich: Flügeltüren und Hauben lassen sich öffnen, die Räder lenken und die Klappscheinwerfer aufstellen. Die Gepäckraummulde lässt sich wie beim Original herausnehmen. Erste, ehrenkäsige Motorjournalisten hatten damals bemängelt, dass man im Kofferraum des Experimental-Coupés kein Stück Butter transportieren könnte, weil es wegen der Hitzeentwicklung dahinschmelzen würde. Daraufhin legten die Daimler-Techniker einen Entlüftungskanal.
Unsere Fotos zeigen ein allererstes dekoriertes Muster der News, die um die 120 Euro kosten wird. Die Lackierung ist noch nicht ganz ideal, vorne fehlt noch das Fotoätzteil für den Grill, im Interieur der Hosenträgergurt auf der Beifahrerseite und der Innenaufbau der Flügeltüren. Auch der mattschwarze Bereich vorne in der Frontschürze und der Verlauf der schwarzen Masksprayings im Bereich der Kofferraumhaube werden bis zum Serienstart verbessert. Ebenso die genaue Positionierung der Instrumente und der Karodruck im Bereich der Kopfstützen.
Trotzdem ist schon eines klar: Dieser Mercedes C 111-II kann der beste werden, den es gibt. Auch die Technik kommt nicht zu kurz. Die Nebenaggregate im Bereich der Wankel-Nase und der Drehkolbenmotor vor der abnehmbaren Kofferraumwanne beweisen, dass Norev immer mehr Wert auf gelungene Motor- und Technikfinessen legt. Kein C 111-II sieht übrigens wie ein anderer aus. Der von Norev vermessene etwa hat keine Lüftungsöffnungen vor den Klappscheinwerfern, dafür jedoch im Bereich des Schwellers Griffmulden für die Flügeltüren. Aber: Norev wird mindestens noch eine weitere Variante bauen. Das ist sicher!