Andreas A. Berse
· 08.06.2022
Paul Ernst Strähle pilotierte diesen Porsche 356 Carrera zu epischen Erfolgen. Wir zeigen den Meilenstein und das 1:18-Modell von Schuco.
Es ist nichts anderes als Ehrfurcht, wenn er vor dir steht. So wie damals, als du bei BMW in Andy Warhols Art Car des M1 einsteigen durftest. Solche Ikonen sind automobile Yetis. Man kennt sie von Fotos aus Hochglanzmagazinen für die Petrolheads. Jeder, der etwas Benzin im Blut hat, redet über sie, aber wer hat sie wirklich gesehen? Oder gar: Wer konnte sie jemals berühren? Die historischen Siege geben einem Auto ein unverwechselbares Eau de Parfum, und du darfst es jetzt einatmen.
Wir können uns gut riechen! Die Szene nennt diesen Wagen nur V2. Technisch ist es ein Porsche 356 Carrera, Baujahr 1957. Und dieses Jahr steht am Anfang der Legende des Coupés, das in einem magischen Adriablau schimmert. 1957 gewannen Paul Ernst Strähle und sein Beifahrer Herbert Linge die Klasse bis 1,6 Liter Hubraum auf dem blauen Wunder mit der Startnummer 225 bei der letzte Mille Miglia, die keine Klassikerveranstaltung war. Nach einem Unfall mit elf Toten wurde dieses Rennen für viele Jahre abgesagt. Ironie des Schicksals: 1977, als die MM längst eine Oldtimer-Rallye geworden war, wies man Strähle und Linge mit ihrem Porsche ab.
Die Mille sollte beide nie wiedersehen. Den V2 selbstverständlich auch nicht. Strähle sammelt Siege wie kaum ein anderer. Gesamtsieg Rallye Adria 1953 und 1956, Tour de Belgique 1957, Rom-Lüttich-Rom 1959, Ennstal Classic 1995, Deutscher Automobilmeister 1955, Rallye-Vize-Europameister 1956, Deutscher Rallye-Meister 1958. Der V2 war mit im Spiel und kam 1977, nachdem Strähle den zwischenzeitlichen Verkauf bitter bereut hatte, wieder auf wundersame Weise zu ihm zurück. 1995 gewann er mit Eberhard Mahle auf dem Beifahrersitz die Ennstal-Klassik. Nach der Mille Miglia 1957 hatte der Wagen Leichtbautüren aus Aluminium bekommen, Fenster aus Plexiglas, und der Hubraum wurde auf 1600 Kubikzentimeter erhöht. Das Kennzeichen „WN-V 2“, mit dem Strähle das Auto später bewegte, war längst zur Marke geworden, der Wagen hatte unter dem Namen „V2“ die Herzen der Fans erobert.
Aber diese klassische Legende kann auch auf über 200 Stundenkilometer beschleunigen. In sagenhaften 86 Stunden schaffte Paul Ernst Strähle mit seinem Beifahrer Robert Buchet 1959 die 5000 Kilometer nonstop bei der Rallye Lüttich-Rom- Lüttich - sein vielleicht größter Sieg. Solch eine Tortur in diesem winzigen Auto! Das klingt heute alles so unglaublich wie ein Märchen, das von Titanen erzählt, die Übermenschliches leisten konnten. Und so war es damals wahrscheinlich auch. Das millionenschwere Original trifft heute auf ein 1:18-Modell, das Schuco im Herbst auf den Markt bringen wird – für 99,99 Euro. Die Neuheit rollt im September zu den Kunden. Unser Fotomuster driftet schon sehr nah am späteren Serienzustand. Die Lüftungsöffnungen in der Front, in denen die Blinker sitzen, werden zum Serienstart aber noch verchromt umgesetzt.
Das Coupé mit Zinkdruckguss-Karosserie trägt die Startnummer 27 auf den Türen und der Kofferraumhaube, ist also im Look der Rallye Lüttich-Rom-Lüttich anno 1959 gestylt. Damals führte das Rennen übrigens gar nicht durch Rom, sondern der Rallye-Tross wendete in Jugoslawien. Die Italiener wollten im Sommer keine lärmenden Autos in ihrer Ewigen Stadt. Der 356 Carrera von Schuco hat vorne drei Zusatzscheinwerfer. Die Fronthaube ist mit einem schwarzen Gummiriemen gesichert, der an den Befestigungen der beiden äußeren Zusatzlampen eingehakt werden kann. Strähle wollte den Gummiriemen statt Leder! Der Schnelltankverschluss ragt originalgetreu durch ein Loch in der Haube. Der Wagen rollt auf Fünflochfelgen ohne Radkappen. Stoßstangen gibt es nicht, das einzelne Auspuffrohr lugt hinter in der Mitte heraus.
Die Vorderräder hat Schuco lenkbar umgesetzt. Feines Detail am Rande: Auf dem fotogeätzten Grill über dem Kühllufteinlass der Motorhaube haben die Schuco-Macher die kreisrunde Plakette der „Royal-Motor-Union Liege- Rome-Liege“ aufgebracht. Auf dem Kotflügel der Beifahrerseite ist der Not-Aus-Knopf montiert und der entsprechende rote Hinweisblitz aufgedruckt. Gute Noten verdient Schucos 356er wie eh und je für die Spaltmaße im Bereich der Türen und Hauben sowie die sauber eingesetzten Fensterteile mit in hellem Silber aufgedruckten Rahmen. Das Fahrwerk glänzt mit originalgetreu verlegten Bremsleitungen und feinen Achskonstruktionen. Hinten sind die Dämpfer in Rot lackiert. Auch die zwei Hupen fehlen nicht.
Die vordere Abschleppöse und der Stabilisator sind silbern abgesetzt. Die filigranen Scheibenwischer baut Schuco aus Kunststoff und lackiert sie in Silber. Bei den Türinnenteilen setzen die Franken Fensterkurbel und Zuziehgriff als Chromteile einzeln ein, die Armlehne ist silbern auflackiert. Eines ist sicher: Mehr 356 geht nicht! Der V2 ist die siegessichere Essenz dieser Baureihe aus Zuffenhausen und der 1:18er eine würdige Verkleinerung des Meilensteins. Und das Original verströmt immer noch diesen unverwechselbaren Duft des Erfolgs!