50 Jahre Passat bei WikingWind of Change

Ulrich Biene

 · 10.09.2023

50 Jahre Passat bei Wiking: Wind of ChangeFoto: Ulrich Biene
Der Passat läutete 1973 eine neue VW-Ära ein. Bei Wiking spiegeln die 1:87er die Evolution des Modellbaus wider – vom Schattengewächs zur Lichtgestalt.
Hallo, Taxi! In den Neunzigern und in H0 waren da meist Volkswagen und Wiking im Spiel
Foto: Ulrich Biene

Exakt 27 Jahre nach dem Start der Wiking-Verkehrsmodelle gehörte VW zu den Wegbegleitern des Aufstiegs. Ganz gleich ob Käfer, 181, 411 oder K 70 – alle waren 1975 im Programm, als der erste Passat eine neue Fahrzeuggeneration der Wolfsburger auch in H0 einläutete. Nach dem geradlinigen Fließheckdesign von Giorgetto Giugiaro miniaturisierten die Berliner die News vom Mittellandkanal, die den Typ 3, den VW 1600, ablösen sollte. Immer schon war Fritz Peltzer den Wolfsburgern gern gefolgt, weil er wusste, dass die VW-Modelle bei den jungen Kunden punkten. Nun aber ein sympathisches Fließheck. Ohnehin erschienen die Pkw jener Jahre bei Wiking sehr unprätentiös, eben unauffällig. Der erste Passat, den Wiking 87fach verkleinerte, bestand aus Fahrgestell, Inneneinrichtung, Verglasung und Karosserie. Schnickschnack? Fehlanzeige! Die einzigen Farbtupfer, die die Heimarbeiterinnen dem neuen Zweitürer spendierten, galten den silbergrauen Felgen. So schlicht, wie sich der erste Passat ins Wiking-Programm schleichen konnte, sollte keiner seiner Nachfolger mehr sein.

Sechs Fahrzeuggenerationen vom B1 bis zum B7 miniaturisierte Wiking mit wachsendem Aufwand, verzichtete lediglich auf den B2, der während des unternehmerischen Zepterwechsels von Fritz Peltzer zu Volker Sieper in den Achtzigern auf der Strecke blieb. VW wusste über Jahrzehnte hinweg die Traditionsmodellbauer an seiner Seite. Dementsprechend honorierten das die Autobauer mit verlässlichen Industrieaufträgen, die Wiking nach der Übernahme durch die Sieper-Familie 1984 mit einem Qualitäts-Upgrade honorierte. Spätestens mit dem B3 begann ein neues modellbauerisches Kapitel. Als 1989 der VW Passat B3 als Variant ins Programm fuhr, brillierte er dank einer Filigranität, die der neuen Wiking-Welt entsprach. Mehr Details, mehr Feinheiten und damit auch deutlich stärkere Vorbildtreue brachte diese Passat-Generation mit. Frische, typgerechte Felgen zählten ebenso dazu wie vorn und hinten eingesetzte Leuchten sowie eine Inneneinrichtung, die mit der bis dahin gelernten Standardisierung nichts mehr zu tun hatte. Vorbildgemäß waren die Sitze ausgeformt, und die authentische Nachahmung der faltbaren Kofferraumabdeckung im Fond machte aus dem Passat Variant sogar einen schmucken Kombi, der seinen Urahn klar in den Schatten stellte. Dafür sorgte auch die schmucke filigrane Dachreling.

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Genauso wie bei der Golf-Chronologie entwickelte Wiking beim Passat eine typengerechte Handschrift, die dem Sammler Spaß bereiten sollte. So fuhr zum Serienstart des B4 1993 der 1:87er ins Programm und hatte nochmals mehr zu bieten. Diesmal erschienen Limousine und Variant mit durchbrochenen Felgen. Die facegeliftete Konstruktionsqualität hatte inzwischen einen Standard erreicht, der sich in jeder Modellneuheit ab den Neunzigern widerspiegelte. Scheibenwischer und Rückspiegel waren noch filigraner angelegt, die Fahrzeugsicken und feinen Spaltmaße machten aus dem Passat der vier- ten Generation eine schnittige Limousine. Das „Happy Face“ der Typenfamilie von Volkswagen hatte den Maßstab 1:87 erreicht. Zudem überzeugte der jetzt schmale Kühlergrill mit fein gesilbertem VW-Logo und eingesetzten Scheinwerfern. Die Rückleuchten erschienen im volltransparenten Rot – einfach mustergültig. Da verwundert es kaum, dass auch dieser Passat als Dienstwagen von Feuerwehr und Polizei seine Bestimmung finden sollte. Drei Jahre vor der Jahrtausendwende ließen VW und Wiking den B5 gemeinsam Premiere feiern. Die Passgenauigkeit von Karosserieverglasung, Felgen und Fahrgestell mitsamt den eingesetzten Scheinwerfern und den gesilberten Kühlergrill-Logos war so perfektioniert, dass genau dieser Passat zur VW-Hoheit reifte, trotz des Phaeton mit W12-Motor, der auch von Wiking kam.

2005 legten die Konstrukteure noch einmal nach und konnten damit Wolfsburger Lob ernten. Der B6 gab auf dem 75. Internationalen Automobilsalon in Genf seine Premiere, und Wiking feierte mit. Die sechste Generation des Passat bestach in 1:87 durch das kraftvolle und avantgardistische Design. Die neue VW-Frontpartie mit ihrem Chromwappen-Kühler und den herausfordernd blickenden Scheinwerfern verfeinerte die athletische Silhouette. Gerade der 2005 vorgestellte B6 – ganz gleich ob als Limousine, nachgereichtes Coupé „CC“ oder stückzahlenreicher Variant – forderte die Modellbauer heraus. Nie zuvor musste so viel hellsilberner Zierrat an den Fensterrahmen aufgebracht werden. Die Front erforderte eine neue Herangehensweise, weil VW das Facing aller Modellreihen stark durch dominante Verchromung des „Plakettengrills“ geprägt hatte.

Dass 2008 der Passat B6 als Coupé CC folgte, beruhte auf dem Wunsch der Wolfsburger Autobauer, diesem schnittigen Passat ein bewährtes Wiking-Modell zu widmen. Beim Modell hatte Wiking es mit den imposanten Sportfelgen – natürlich filigran durchbrochen – wirklich gut gemeint, aber wie das Vorbild wurde auch der Kleine leider kein ultimativer Topseller.

Der VW Passat B7 sollte 2010 schließlich eine neue Wertigkeit beim Passat verkörpern, während er gleichzeitig wieder mehr Chrom als sein Vorgänger bot, aber trotzdem zu einer Versachlichung des Designs beitrug. Längst war die Zeit für Limousinen und Coupés in der Typenfamilie des VW Passat abgelaufen. Das große Vorbild wurde als Raumwunder-Variant bevorzugt, der Familien ebenso erfreute wie die reiselustige Außendienstmannschaft unzähliger Unternehmen.

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