60 Jahre 911 bei WikingDas Elfer-Trio

Ulrich Biene

 · 11.11.2023

60 Jahre 911 bei Wiking: Das Elfer-TrioFoto: Ulrich Biene
Die ersten drei Generationen des Porsche 911 gibt es alle im Wiking-Trimm. Und „Superfinishing“ putzt heute auch Klassiker neu heraus.
Der 911-Kosmos bei Wiking in 1:87 umfasst die drei Generationen des ganz frühen Elfers, der G-Serie und der Sportwagen der 964er-Baureihe
Foto: Ulrich Biene

Manchmal bedurfte es bei Wiking eines kleinen Anstoßes – diesmal kam er aus dem eigenen Haus. Klaus-Dieter Hinkelmann war einst der Motor, um den 1964 vorgestellten Porsche 911 in den Maßstab 1:87 bringen. Der Ur-Berliner und seines Zeichens zwei Jahrzehnte lang Wiking-Betriebsleiter genoss das weitreichende Vertrauen seines Chefs Fritz Peltzer. Der Porsche-Wunsch von Klaus-Dieter Hinkelmann hatte einen triftigen Grund. Er war es, der gern bei den damals populären Ren- nen auf der Berliner Avus mitfuhr – am liebsten ganz vorn und im eigenen Porsche 911, versteht sich.

Klaus-Dieter Hinkelmann sollte „seinen“ Neunelfer bekommen. Für Modellbaumeister Alfred Kedzierski war es ohnehin keine große Sache, den Porsche 911 entscheidungsreif vorzubereiten. Erst die nach den technischen Zeichnungen stilisierte Skizze, dann das hölzerne Urmodell. Kedzierski hatte sich längst eingegroovt und bis zur 1967er-Neuheit nahezu ein Jahrzehnt lang die verglasten Miniaturen und späteren Wiking-Modelllegenden auf den Weg gebracht. Beim ersten Elfer mit Verglasung war, rein modellbauerisch betrachtet, Schmalhans Küchenmeister. Es blieb beim Minimalkonsens von drei Formen.

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Fritz Peltzer legte zur Mitte der Sechziger großen Wert darauf, dass sich die neue Generation an Sportwagen des Wirtschaftswunders auch im Sortiment wiederfand.

Dass der Wiking-Chef die Porsche-Entwicklung danach aus der Ferne begleitete, lag zweifellos am Erfolg des Neunelfers. Auch im 1:87-Programm. Der konnte nach Wiking-Maßstäben ja vorbildgerecht und damit weitgehend unverändert im Programm weiterlaufen, sodass sich allenfalls 1973 Handlungsbedarf ergeben hätte, wenn denn Peltzer die zweite Generation und damit die G-Serie des Porsche 911 ins Auge gefasst hätte. Hat er aber nicht.

Dass späterhin die zweite 911-Generation und damit die G-Serie doch noch in den Wiking-Maßstab finden sollte, hatte wie so oft bei Wiking fast schicksalhafte Gründe. Nach dem Ableben von Fritz Peltzer waren die Berliner Modellbauwerkstätten weitgehend führungslos, zumindest was die eigentlichen Gesellschafter betraf. Der Nachlassverwalter brauchte Zeit, um die Erben zu finden, während Klaus-Dieter Hinkelmann die Fäden fest in der Hand hielt. Und dazu gehörte natürlich auch die Modellpolitik. Dass 1984 und damit in der Endphase der G-Serie dieses doch noch folgen sollte, war dem Betriebsleiter zuzuschreiben. Erst nach der Nürnberger Messe-Präsentation sollte das Bieterverfahren über die Zukunft von Wiking Modellbau anlaufen und im Sommer die neuen Inhaber aus Lüdenscheid in die Führung berufen. Volker Sieper war keineswegs unglücklich mit der getroffenen Entscheidung, denn eines wurde sichtbar: Klaus-Dieter Hinkelmann hatte trotz klammer Kasse einige schöne Miniaturen zuwege gebracht. Neben dem Saab 900 Turbo und dem revitalisierten Mercedes 300 SL präsentierte sich auf dem Wiking-Messestand auch das schicke Cabrio des damals topaktuellen Porsche 911. Diesmal

hatte alles gepasst. Die ausgearbeiteten Außenspiegel rechts und links, dazu die filigran eingefügte Windschutzscheibe mit den seitlichen Fensterdreiecken machten aus dem Modell ebenso einen Hingucker wie das zugehörige Interieur mit feinen Gravuren. Und noch etwas fiel dem Wiking-Freund sogleich auf: Am Heck wurde der Kühlergrill ebenso farblich separiert eingesetzt wie die rot-transparente Rückleuchtenleiste.

Daran sollte sich nun nichts mehr ändern, denn Volker Sieper an der Spitze von Wiking Modellbau besaß von Beginn an ein gutes Feeling für die ungewöhnlichen Modelle.

Die dritte Generation des Neunelfers sollte mit dem Porsche 964 wenige Jahre später folgen. Der Carrera 4 wurde als Coupé und Cabrio gleichermaßen präsentiert. Jetzt zeigte Wiking, was ging: Orange-transparente Blinker, die ohnehin so frontdominant erschienen, wurden ebenso eingesetzt wie transparente Scheinwerfer und die rot-transparente Rückleuchtenleiste. Coupé und Cabrio machten einfach Spaß. Dass sich in dieser Zeit auch noch eine epochale Meinungsbildung bei der Wiking-Verpackung vollzog, verdient heute zumindest beim Carrera 4 Beachtung. Nach dem Anfangsdebüt in der spartanischen Klarsichtfaltschachtel mit schlichtem Typen- und Artikelaufkleber folgte die nur kurzzeitig erhältliche Pappbox mit Klarsichtfenster.

Sie verfügte über eine bedruckte Pappschublade mit Typenbedruckung und passgenauer Stanzung, in die das Carrera-4-Modell eingelegt war. Doch der Aufwand sollte alsbald wieder minimiert werden – zu viel Verpackung, zu wenig Modell, meinten auch die Sammler. So fand man zur puristischen Klarsichtfaltschachtel zurück.

Nach der Jahrtausendwende sollten die ersten drei Elfer-Generationen bei Wiking keine Fortsetzung finden, weil die Vielzahl der Projekte in anderen Themenbereichen wie Landwirtschaft, Feuerwehr und Klassiker so massiver Investitionen bedurften, dass Wiking schlichtweg auf die Zuffenhausener Vorbilder verzichten musste. Das heißt aber nicht, dass es seither keine Impulse gab. Ganz im Gegenteil. Das Urmodell des 911 wurde mit aller Sorgfalt einem edlen Finishing unterzogen, das sich sehen lassen kann. Nicht nur, dass die blitzblanken Fuchs-Felgen für eine zeitgenössische Seitenoptik sorgten. Vielmehr überzeugte die glanzfeine Lackierung der legendären Karosserie, die überdies bedruckte Blinker und Rückleuchten erhielt. Den Kühlergrill am Heck ließ Wiking dank eines Zusatzdrucks als optischen Zusatzakzent aufbringen. Und der klassische Silberzierrat macht aus dem einst schlichten Porsche-Coupé der ersten Stunde heute ein repräsentatives 1:87-Modell, das sich 75 Jahre nach Wiking-Gründung immer noch sehen lassen kann.

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